Zweiter Tag des China-Besuchs Scholz wirbt für offene Märkte und fairen Handel
An Tag zwei seiner China-Reise hat Kanzler Scholz Shanghai besucht. Dort hörte er die Klagen deutscher Firmen über mangelnde Wettbewerbschancen. Die könnten auch Thema sein, wenn Scholz Staatschef Xi trifft.
Bundeskanzler Olaf Scholz streute bei seinem Treffen mit Studierenden der Tongji-Universität in Shanghai immer wieder Bemerkungen zu Freiheit ein - wie andere deutsche Politiker vor ihm, in der Hoffnung, einen Nerv zu treffen. Erfolg ungewiss. Die Tongji-Universität ist eine Elite-Uni mit dem Schwerpunkt Deutsch, hier werden viele künftige Ingenieure ausgebildet. Und das Niveau chinesischer Technik wächst rasant - was den Konkurrenzdruck für deutsche Produkte erhöht.
Das ist auch Thema beim Treffen der deutschen Auslandshandelskammer (AHK) mit dem Bundeskanzler. "Wir konkurrieren mit chinesischen Unternehmen wirklich auf Augenhöhe, wenn es um den Bereich Hightech, Automobilindustrie oder erneuerbare Energien geht", erklärt Maximilian Butek von der AHK Shanghai im Gespräch mit der ARD. "Da müssen wir auch schauen, wo müssen wir wettbewerbsfähiger werden und auf welcher Ebene müssen wir faire Wettbewerbsbedingungen herstellen, um überhaupt noch in dem Markt operieren zu können."
Strafzölle der EU könnten auch deutsche Firmen treffen
Denn ein Großteil der rund 5.000 deutschen Unternehmen in China klagt über zunehmend unfaire Bedingungen. Zum Beispiel darüber, als Ausländer abgeschnitten zu werden von nötigen Netzwerken zu Behörden. Er werde diese Probleme in seine politischen Gespräche mitnehmen, sagte Scholz nach seinem Treffen mit der Auslandshandelskammer. Dabei betont er, wie wichtig der Zugang auch zu öffentlichen Ausschreibungen ist. "Alles Fragen, die für uns von großer Bedeutung sind und mit denen wir uns beschäftigen werden", so Scholz.
Fragt sich, welche Mittel zum Ziel führen. Die EU prüft gerade, ob sie Anti-Dumping-Zölle auf chinesische Elektroautos verhängen wird. Der Vorwurf: Diese könnten nur deshalb um 20 Prozent billiger sein als europäische Modelle, weil sie mit unerlaubten Subventionen hergestellt werden. Die Befürchtung: Bei E-Autos könnte sich wiederholen, was mit der Solarindustrie bereits geschehen ist - das Ende vieler europäischer Firmen.
Sorge vor Gegenmaßnahmen Chinas
Doch deutsche Autokonzerne sind gegen Strafzölle, weil China ihr größter Markt ist und sie dort Gegenmaßnahmen der Chinesen fürchten. Maximilian Butek von der Auslandshandelskammer Shanghai ergänzt: "Die Automobilindustrie besteht nicht nur aus den Herstellern, sondern auch aus den Zulieferern. Und wenn sie die fragen, denen geht es eigentlich ganz gut. Die Marktanteile, die die deutschen Automobilhersteller verlieren und an chinesische Hersteller abgeben, können die Zulieferer bedienen. Wenn sie sich die chinesischen Hersteller anschauen, da steckt sehr viel deutsche Technologie von deutschen Zulieferern drin."
Scholz setzt auf Wettbewerbsfähigkeit deutscher Unternehmen
Strafzölle nach der Vorstellung der EU - dafür plädierte der Kanzler in Shanghai dann auch nicht. Stattdessen setzt er auf die Stärke deutscher Unternehmen: "Deshalb ist der Maßstab, mit dem wir an globalen Wettbewerb herangehen, dass wir selber so wettbewerbsfähig sein wollen und müssen, dass wir diesen Wettbewerb überall bestehen können." Aber das müsse aus einer Position selbstbewusster Wettbewerbsfähigkeit heraus geschehen und nicht aus protektionistischen Motiven, mahnt Scholz.
Maximilian Butek von der Auslandshandelskammer zeigte sich gegenüber der ARD zufrieden mit dem Bekenntnis des Kanzlers zu fairen und offenen Märkten. Das sei ein wichtiges Signal für die deutschen Firmen in China.
Inzwischen ist die Kanzler-Delegation in Peking eingetroffen. Dort wird Olaf Scholz am Dienstag mit Staats- und Parteichef Xi Jinping und Premier Li Qiang sprechen. Etwa fünf Stunden sind dafür eingeplant. Dann soll es auch um den Krieg in der Ukraine und den iranischen Angriff auf Israel gehen.