"Bayesian"-Unglück Letztes Todesopfer gefunden
Vier Tage war nach dem Untergang der Luxusjacht "Bayesian" vor der Küste Siziliens nach den Vermissten gesucht worden - nun ist die letzte Leiche gefunden. Inzwischen werden Vorwürfe gegen den Kapitän der Jacht laut.
Nach dem Untergang einer Luxusjacht vor der italienischen Mittelmeerinsel Sizilien sind nun alle Todesopfer gefunden worden. Als letzter sei der Leichnam der 18 Jahre alten Tochter des britischen Milliardärs Mike Lynch gesichtet worden, teilte die italienische Küstenwache mit. Spezialtaucher sollen die Tote aus 50 Metern Tiefe nun an die Oberfläche bringen.
Die mit zehn Besatzungsmitgliedern und zwölf Passagieren besetzte "Bayesian" war in der Nacht zum Montag in der Nähe von Porticello vor der Küste Siziliens in einem Sturm gesunken. Unter den sieben Toten ist auch der als "britischer Bill Gates" bekannte Technologieunternehmer Lynch selbst.
Auf der Segeljacht "Bayesian" hatte er mit seiner Frau, die gerettet werden konnte, und Tochter sowie reichen Freunden eigentlich feiern wollen, dass er nach jahrelanger Auseinandersetzung um den Verkauf seiner Firma vor Gericht letztlich gewonnen hatte.
Lynch war im Juni in den USA von Betrugsvorwürfen um den Verkauf seiner Softwarefirma Autonomy an Hewlett-Packard freigesprochen worden. Ihm war vorgeworfen worden, Akten gefälscht und den Umsatz seines Unternehmens falsch angegeben zu haben. Die Sunday Times schätzte das Vermögen des ehemaligen Regierungsberaters auf umgerechnet rund 587 Millionen Euro.
Offene Luke und falsch eingestelltes Kielschwert?
Der genaue Hergang des Unglücks ist bislang nicht geklärt. Möglicherweise wurden Crew und Gäste am Montag in der Früh von einem schweren Unwetter überrascht. Die Jacht befand sich nur eine halbe Seemeile - etwa 900 Meter - entfernt vom Ufer. Angeblich dauerte es keine 60 Sekunden, bis sie unterging. Der Kapitän behauptete: "Wir haben es nicht kommen sehen." Allerdings gibt es erhebliche Zweifel an dieser Darstellung.
Mit Ausnahme des Schiffskochs überlebte die gesamte Besatzung. Von den zwölf Passagieren sind jedoch sechs tot. Vermutet wird, dass die riesige Jacht von einer großen Menge Wasser erfasst wurde und nicht stabil genug vor Anker lag. Spekuliert wird über eine offen gelassene Luke auf dem Oberdeck sowie ein falsch eingestelltes Kielschwert am Rumpf, mit dem der Tiefgang reguliert werden kann.
"Sehr lange Reihe von Fehlern"
Die "Bayesian" war mit 56 Metern Länge eine der größten Segeljachten der Welt. Sie war mit einem System ausgestattet, mit dem sich der Tiefgang regulieren lässt. Um die Gegenkräfte des hohen Mastes auszugleichen, hatte das Schiff unter normalen Segelbedingungen eine Keiltiefe von etwa zehn Metern. Diese konnte aber - etwa um in einen Hafen einzufahren - reduziert werden. Möglicherweise wurde das nun zum Verhängnis. Aufschluss erhoffen sich die Behörden von den Aufnahmen eines Tauchroboters sowie der Obduktion der Leichen.
Der Miteigentümer der Perini-Werft, die die Jacht gebaut hatte, Giovanni Costantino, machte Kapitän und Besatzung für den Untergang mitverantwortlich: "Alles, was getan wurde, offenbart eine sehr lange Reihe von Fehlern", sagte Costantino der Zeitung Corriere della Sera. "Die Leute hätten nicht in den Kabinen sein dürfen, das Schiff hätte nicht vor Anker liegen dürfen. Das Unwetter war auf allen Wetterkarten deutlich zu erkennen."