Eine Frau blickt von ihrem Balkon aus auf Fahrzeuge, die bei Überschwemmungen in Valencia auf der Straße stecken geblieben sind.
Player: videoMehr als 90 Tote nach Starkregen und Sturzfluten in Spanien

Naturkatastrophe in Spanien Fast 100 Todesopfer nach Starkregen

Stand: 30.10.2024 20:41 Uhr

Innerhalb eines Tages fiel in Teilen Spaniens so viel Regen wie sonst in einem Jahr. Sturzfluten rissen Autos mit und verwandelten Straßen in Flüsse. Allein in der Provinz Valencia gab es laut Behörden mehr als 92 Tote.

Bei der schwersten Flutkatastrophe in Spanien seit fast 30 Jahren sind mindestens 95 Menschen ums Leben gekommen. Allein in der Provinz Valencia gab nach Behördenangaben mindestens 92 Todesopfer. Zudem werden weitere Menschen vermisst.

Einige Menschen seien noch immer an unzugänglichen Orten eingeschlossen, sagte der Chef der Regionalregierung, Carlos Mazón. Er fügte hinzu, dass es "absolut unmöglich" sei, bestimmte Katastrophengebiete zu erreichen. "Wenn die Rettungsdienste nicht angekommen sind, liegt das nicht an einem Mangel an Mitteln oder Bereitschaft, sondern an Zugangsproblemen."

In der benachbarten Region Kastilien-La Mancha wurde eine 88-jährige Frau tot geborgen, wie spanische Medien berichteten. Auch dort gibt es mehrere Vermisste.

Player: videoKristina Böker, ARD Madrid, zzt. Utiel, zu den Überschwemmungen in Spanien

Kristina Böker, ARD Madrid, zzt. Utiel, zu den Überschwemmungen in Spanien

tagesschau24, 30.10.2024 18:00 Uhr

Mehr als 1.000 Soldaten im Einsatz

Starke Regenfälle hatten seit gestern in weiten Teilen im Osten und Süden Spaniens heftige Sturzfluten ausgelöst. Autos wurden von den Wassermassen fortgeschwemmt, Städte standen unter Wasser. Mehr als 1.000 Soldaten sind in den betroffenen Gebieten im Einsatz.

Zahlreiche Videos, die in der Nacht auf Online-Plattformen geteilt wurden, zeigten Menschen, die von den Fluten eingeschlossen wurden. Einige kletterten auf Bäume, um nicht von den Wassermassen mitgerissen zu werden. Rettungskräfte suchten auch im Dunkeln mit Schlauchbooten die Fluten ab und retteten mehrere Personen.

Es kam auch zu massiven Beeinträchtigungen im Bahn- und Autoverkehr. Nahe Málaga entgleiste ein Hochgeschwindigkeitszug mit fast 300 Menschen an Bord. Nach Angaben der Bahngesellschaft wurde niemand verletzt. Auch mehrere Autobahnen und Bundesstraßen sind weiterhin gesperrt. An zahlreichen Schulen und Universitäten fiel der Unterricht aus.

Karte: Spanien mit der Region Valencia

Sánchez: Flut ist noch nicht vorbei

Spaniens Ministerpräsident Pedro Sánchez sicherte den betroffenen Menschen Hilfe zu. Es würden alle nötigen Maßnahmen ergriffen. Zugleich rief er zur Vorsicht auf: Die Flut sei noch nicht vorbei, sagte Sánchez vor einer Sitzung des von der Zentralregierung eingerichteten Krisenstabs, der Rettungseinsätze koordinieren soll.

Es ist die schwerste Flutkatastrophe in Spanien seit 1996, als bei Überschwemmungen nahe der Ortschaft Biescas in den Pyrenäen 87 Menschen starben und 180 verletzt wurden.

Unwetter in Teilen Spaniens

Schlammlawinen und sintflutartiger Regen

Männer gehen durch ein überschwemmtes Gebiet in Valencia.

Im Zuge schwerer Unwetter ist es in der ostspanischen Provinz Valencia zu massiven Überschwemmungen gekommen.

Ein überschwemmtes Slumgebiet in Picuana in der Nähe von Valencia.

In einigen Gegenden fielen an einem einzigen Tag riesige Regenmengen.

Menschen stehen vor dem Sport-Kultur-Komplex Petxina in Valencia.

Anwohner von Valencia fanden Unterschlupf im Sport-Kultur-Komplex Petxina. Behörden haben hier eine Notunterkunft eingerichtet.

Blick auf den Fluss Turia, der nach heftigen Regenfällen in der Stadt Valencia im Osten Spaniens einen erhöhten Wasserstand aufweist.

Der Fluss Turia in Valencia weist einen erhöhten Wasserstand auf.

Autofahrer stehen auf einer Autobahn bei Valencia.

Der Verkehr um Valencia ist zum Erliegen gekommen.

Rettungskräfte suchen in der Provins Albacete nach Vermissten in den Trümmern des Hochwassers.

In der Provinz Albacete suchen Rettungskräfte nach Vermissten unter den Trümmern.

Eine Frau schüttet einen Eimer mit Schlamm vor einem Haus aus.

In Picanya verschüttete eine Schlammlawine Häuser und Autos.

Einwohner gehen in Picanya durch Schutt und Schlamm.

Zahlreiche Straßen sind dort mit Schlamm bedeckt.

Nach Überschwemmungen durch Schlammlawinen aufgetürmte Autos in Picuana.

Die Schlammlawine hinterließ in Picanya Orte der Verwüstung.

In La Alcudia liegen beschädigte Gegenstände einer Möbelfabrik auif der Straße.

In La Alcudia haben sintflutartige Regenfälle und Überschwemmungen eine Möbelfabrik zerstört.

Deutschland und EU sichern Hilfen zu

Bundeskanzler Olaf Scholz zeigte sich schockiert. "Ich bin erschüttert über die Berichte aus Spanien, wo viele Menschen bei massiven Überschwemmungen ihr Leben verloren haben", schrieb der Kanzler auf dem Kurznachrichtendienst X. "Wir stehen im Austausch mit der spanischen Regierung, was mögliche Hilfeleistungen angeht."

Auch EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen stellte Spanien Hilfe in Aussicht. Die EU habe ihr Copernicus-Satellitensystem aktiviert, um die Rettungsteams mit Aufnahmen zu unterstützen. Zudem habe die Kommission der spanischen Regierung angeboten, das Katastrophenschutzverfahren zu aktivieren, sagte von der Leyen.

"Historisches Unwetter"

Der spanische Wetterdienst Aemet sprach in einer ersten Bilanz von einem "historischen Unwetter". Demnach fielen in einigen Ortschaften innerhalb eines Tages bis zu 490 Liter Regen pro Quadratmeter, so viel wie sonst in einem Jahr.

Es habe sich um den schlimmsten Fall der Wettererscheinung "Kalter Tropfen" (gota fría) dieses Jahrhunderts in der Region gehandelt. Das Wetterphänomen tritt in der spanischen Mittelmeerregion in den Monaten September und Oktober häufig auf. Es basiert auf stark schwankenden Temperaturen von Meer und Luft und entsteht, wenn sich die ersten atlantischen Tiefausläufer mit feuchtkalter Luft über das warme Mittelmeer schieben.

Aemet hatte gestern für Valencia die höchste Unwetterwarnstufe Rot ausgerufen. Heute ließ der Regen dort nach und die Warnung wurde auf Gelb herabgestuft. Für große Teile Spaniens gilt weiter eine Unwetterwarnung. Das Regengebiet soll im Laufe des Tages in Richtung Nordosten weiterziehen. Erst am Donnerstag werde sich die Lage in ganz Spanien wieder entspannen, teilte die Wetterbehörde mit.

Es sind die schwerste Überschwemmungen in Europa seit der Hochwasserkatastrophe in Deutschland und dem benachbarten Belgien im Jahr 2021, bei der mehr als 200 Menschen ums Leben kamen. Vor allem Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen waren damals betroffen, insbesondere das Ahrtal.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete am 30. Oktober 2024 die tagesschau um 20:00 Uhr.