Stoltenberg-Besuch in Kiew "Ukraines rechtmäßiger Platz ist in der NATO"
Bei seinem überraschenden Besuch in Kiew hat NATO-Generalsekretär Stoltenberg der Ukraine weitere Unterstützung zugesagt - auch für einen Beitritt zum Bündnis. Russland betonte, mit seiner Invasion genau das verhindern zu wollen.
NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg hat der Ukraine bei seinem Besuch in Kiew weitere Unterstützung bei ihren Bemühungen um einen Beitritt zum Militärbündnis versprochen. "Der rechtmäßige Platz der Ukraine ist in der NATO", sagte er auf einer gemeinsamen Pressekonferenz mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj. Mit Unterstützung des Bündnisses werde sie diesen auch im Laufe der Zeit einnehmen können.
Stoltenberg verwies auf ein bereits Anfang April angekündigtes Unterstützungsprogramm für den Weg zur geplanten NATO-Mitgliedschaft der Ukraine. Die auf mehrere Jahre angelegte Initiative soll dem Land die Anpassung an Bündnisstandards erleichtern und eine nahtlose Zusammenarbeit mit dem Bündnis ermöglichen. Es sei "ein Beleg für das langfristige Engagement der NATO in der Ukraine" sagte Stoltenberg.
Die Hilfe des Militärbündnisses sicherte er dem Land "so lange wie nötig" zu. "Wir wissen nicht, wann dieser Krieg enden wird, aber wir wissen, dass die russische Aggression ein toxisches Verhaltensmuster ist, das gestoppt werden muss", sagte Stoltenberg. Deshalb müssten die ukrainischen Streitkräfte weiter gestärkt werden und man müsse dafür sorgen, dass es robuste und kraftvolle Vorkehrungen für die Sicherheit der Ukraine gebe.
Laut Stoltenberg haben die NATO-Staaten seit Kriegsbeginn mehr als 150 Milliarden Euro an Hilfe bereitgestellt.
Selenskyj dringt auf Einladung
Eine genaue zeitliche Perspektive für den Beitritt der Ukraine gibt es bislang nicht. Präsident Selenskyj sagte, es sei an der Zeit, dass die NATO die politische Entscheidung treffe, sein Land zum Beitritt einzuladen. Die Ukraine wolle wissen, wann sie Mitglied werden könne. Er sei dankbar, zum NATO-Gipfel in der litauischen Hauptstadt Vilnius im Juli eingeladen zu sein, der "historisch" werden könne. "Aber es ist auch für die Ukraine wichtig, eine entsprechende Einladung zu erhalten."
Der Kreml bekräftigte unterdessen, dass eines der Hauptziele der russischen Invasion weiterhin sei, einen ukrainischen NATO-Beitritt zu verhindern. Andernfalls sei dies eine "ernsthafte, erhebliche Gefahr für die Sicherheit unseres Landes", sagte Präsidialamtssprecher Dmitri Peskow in einer Konferenzschaltung mit Journalisten.
Besuch auch in Butscha
Der NATO-Generalsekretär war am Morgen überraschend in der ukrainischen Hauptstadt eingetroffen. Ukrainische Medien sowie die Nachrichtenagentur Reuters veröffentlichten Bilder, die Stoltenberg auf einem Platz in Kiew zeigten. Dort legte er laut Reuters einen Kranz zu Ehren ukrainischer Soldaten nieder, die bei Kämpfen im Osten des Landes getötet wurden, und schaute sich erbeutete russische Panzerfahrzeuge auf dem Michaelsplatz an.
NATO-Chef Jens Stoltenberg besucht eine Gedenkmauer zu Ehren der getöteten ukrainischen Soldaten in Kiew, Ukraine.
Nach Angaben der NATO besichtigte Stoltenberg bei seinem Besuch auch den Kiewer Vorort Butscha, der im Frühjahr 2022 von russischen Truppen besetzt war und wo später die Leichen Hunderter Zivilisten gefunden worden waren.
Erster Besuch seit Kriegsbeginn
Vermutlich direkt aus der Ukraine wird Stoltenberg zu einem Treffen der internationalen Kontaktgruppe zur Koordinierung von Militärhilfe für die Ukraine reisen. Dieses wird an diesem Freitag auf dem US-Luftwaffenstützpunkt Ramstein in Rheinland-Pfalz organisiert.
Stoltenberg hatte die ukrainische Hauptstadt vor dem Krieg besucht, war seit Kriegsbeginn Ende Februar 2022 jedoch nicht mehr dort. Der NATO-Generalsekretär hat maßgeblich dazu beigetragen, die Unterstützung der - seit Finnlands Beitritt - 31 Mitgliedsländer des Bündnisses für die Ukraine zu organisieren und wirbt weiter für Waffenlieferungen an das angegriffene Land. Die Ukraine hatte den Beitritt zum Bündnis beantragt.