Abstimmung über Asylgesetz Entscheidender Tag für Sunak
Das britische Parlament soll heute über ein neues Asylgesetz abstimmen. Doch bei den Tories von Premier Sunak gibt es Unstimmigkeiten. Scheitert das Vorhaben, könnte er sein Amt verlieren.
Der britische Premier Rishi Sunak kämpft um seine politische Zukunft. Gestern musste er dem Covid-Untersuchungsausschuss Rede und Antwort stehen und sich unter anderem für "Eat out to help out" rechtfertigen. Mit diesem Programm subventionierte die konservative Regierung im Sommer 2020 Restaurantbesuche, um die Gastronomie in der Pandemie zu stützen.
Sunak - 2020 unter Premier Boris Johnson Finanzminister - war überzeugt von dem Programm und ist es noch immer, auch wenn nach "Eat out to help out" die Infektionszahlen wieder deutlich stiegen.
Schwerer Schlag für Sunak droht
Während Sunak stundenlang Fragen im Ausschuss beantworten musste, liefen in Westminster entscheidende Vorbereitungen für den heutigen Tag: Die verschiedenen Flügel und Splittergruppen der Konservativen Partei legten fest, wie sie sich zur Ruanda-Notfallgesetzgebung positionieren wollen.
Über den Entwurf wird am Abend im Unterhaus in zweiter Lesung abgestimmt. Falls er nicht genügend Stimmen erhalten sollte, wäre das ein schwerer Schlag für Sunak - und der Beginn der nächsten Regierungskrise. Viele Beobachter dürften sich dann einmal mehr in ihrer Meinung bestätigt fühlen, dass die Conservative Party regierungsunfähig geworden ist.
Rechter Flügel will härtere Maßnahmen
Der Premier steht vor einem fast unlösbaren Problem: Denn den eher moderaten Konservativen geht der Gesetzentwurf zu weit, dem rechten Flügel der Partei dagegen nicht weit genug. Mit dem Ruanda-Notfallgesetz reagiert 10 Downing Street auf das Urteil des Supreme Court, des höchsten Gerichts, das die Abschiebepläne der Regierung nach Ruanda gekippt hatte. Aus Sicht der Richter ist Ruanda kein sicheres Drittland.
Nun sollen die Abgeordneten Ruanda per Gesetz zu einem sicheren Drittland erklären, in das Großbritannien illegal eingewanderte Asylsuchende abschieben kann - ungeachtet ihrer Herkunft und Fluchtgründe. Die Menschenrechte sollen teilweise keine Anwendung finden, damit die Betroffenen nicht vor britischen Gerichten klagen können.
Der rechte Flügel der Konservativen Partei hält diesen Ansatz allerdings für nicht strikt genug. Er hat den Entwurf juristisch prüfen lassen und sieht noch Schlupflöcher. Außerdem fordern zahlreiche Rechtskonservative den Ausstieg aus der Europäischen Menschenrechtskonvention, damit Asylsuchende auch nicht vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte gegen ihre Abschiebung klagen können.
Parteiinterne Zersplitterung wird deutlich
Es ist bemerkenswert, in welche Schwierigkeiten sich der Premier gebracht hat. Obwohl Großbritannien Probleme hat, die die Bevölkerung stärker umtreiben als die illegale Zuwanderung, räumt Sunak diesem Thema Priorität ein.
Während viele Briten mit hohen Lebenshaltungskosten und gestiegenen Zinsen zu kämpfen haben und die Wartelisten beim staatlichen Gesundheitsdienst NHS immer länger werden, setzt der Regierungschef auf ein Thema, mit dem schwer zu punkten ist und das in seiner Partei wieder alte Grabenkämpfe aufflammen lässt. Die parteiinterne Zersplitterung, die man noch aus Brexit-Zeiten kennt, tritt wieder deutlich zu Tage.
Wenn heute bei der Abstimmung im Unterhaus 29 konservative Abgeordnete gegen das Ruanda-Notfallgesetz stimmen, scheitert es. Auch wenn es zu viele Enthaltungen gibt, ist der Gesetzgebungsprozess zu Ende. Sunak würde dadurch viel Autorität verlieren, womöglich zu viel. Es könnte seine Absetzung bedeuten und vorgezogene Neuwahlen.