"Arche für die Ukraine" Wie Tschechien ukrainisches Kulturerbe sichern will
Der russische Krieg bedroht auch das kulturelle Erbe der Ukraine: Denkmäler, Museen oder Archive sind Ziel von Angriffen. Kulturinstitutionen in Tschechien wollen die Ukraine nun dabei unterstützen, ihr Kulturerbe zu bewahren.
Diese Arche ist kein Schiff, sondern ein Lkw. Genauer gesagt: ein mobiler Arbeitsplatz in einem Lkw, den Tschechien bald in die Ukraine schicken will. "Dies ermöglicht uns, schnell und gezielt vor Ort einzugreifen und dabei zu helfen, weitere Schäden an Kulturgütern zu verhindern", erklärt Tomas Foltyn, der Leiter der Tschechischen Nationalbibliothek.
Forschungsleiterin Jitka Neoralova zeigt Geräte zur Bestandsaufnahme von Büchern, eine Station zum Reinigen und eine zum Trocknen. "Wir können hier sehen, wie ein nasses Buch zwischen Trocknungsmaterialien stabilisiert wird. Es kann nicht mehr schimmeln, weil es luftdicht verschlossen ist."
"Die Arche ist ein Symbol der Hoffnung"
Tschechien will zwei solcher Lkw einrichten. Die Finanzierung für die erste Arche steht bereits. Dort sollen in erster Linie Dokumente konserviert werden. Tschechische Großspender und Stiftungen haben insgesamt umgerechnet knapp 500.000 Euro zusammengetragen.
In der zweiten Arche soll dann gedrucktes Kulturerbe digitalisiert werden. Der private "Stiftungsfonds für die Ukraine" organisiert dafür gerade eine Spendenkampagne. Normalerweise sammelt der Fonds für Waffen oder humanitäre Hilfe für die Ukraine - dieses Mal für die Kultur.
Kulturminister Martin Baxa trägt das Projekt mit. "Die Arche ist ein Symbol der Hoffnung und des Lebens", sagt er. "Putins Armee ermordet in der Ukraine Menschen, zerstört das Land sowie Denkmäler und kulturelle Objekte. Aber die Ukraine ist in ihrem Kampf nicht allein."
853 Kulturerbestätten in der Ukraine beschädigt
Auch der internationale Museumsrat ICOM steht mit Expertise zur Seite. In den mobilen Arbeitsplätzen sollen aber vor allem Ukrainerinnen und Ukrainer arbeiten. Laut Nadija Malovana von der ukrainischen Botschaft in Prag haben russische Truppen schon 853 Kulturerbestätten in der Ukraine beschädigt - darunter Kirchen, Museen und Bibliotheken, Archive, Denkmäler und Theater. "Wir sehen, dass Russland gnadenlos und feige Kulturobjekte angreift - Objekte, die keine militärische Bedrohung für Russland darstellen."
In Mariupol brachen russische Soldaten zum Beispiel in ein Museum ein und stahlen seltene Gemälde, Skulpturen sowie sehr wertvolle und seltene christliche Ikonen. Nach ukrainischen Angaben wurden inzwischen 2.000 Kunstwerke gestohlen, Hunderte weitere unwiederbringlich zerstört.
Der Generaldirektor der Tschechischen Philharmonie, David Marecek, ist sich sicher, dass dahinter System steckt. Auch er wirbt für die Spendenkampagne: "Es wird oft darüber diskutiert, ob Kultur wichtig ist und inwieweit man sie unterstützen sollte. Hier sehen wir in einer wirklich großen Krise, wie wichtig Kultur ist. Wenn Russland nicht das Gefühl hätte, dass es die Identität der ukrainischen Nation verletzen kann, dann würde es ihre Kulturdenkmäler nicht zerstören." Daher müsste nicht lange über die Notwendigkeit von Kultur diskutiert werden. "Es ist wichtig zu helfen, wo auch immer wir können."