Tschetschenien Journalistin brutal zusammengeschlagen
Die russische Investigativreporterin Milaschina ist in Tschetschenien von Unbekannten brutal zusammengeschlagen und schwer verletzt worden. Die Journalistin wollte über einen Prozess in Grosny berichten.
Eigentlich hatte die Journalistin Elena Milaschina geplant, über einen aufsehenerregenden Prozess in Grosny zu berichten. Zusammen mit dem Rechtsanwalt Alexander Nemow wollte sie der Urteilsverkündung für Sarema Musajewa beiwohnen. Nemow ist der Anwalt der Angeklagten. Die 53-jährige Musajewa ist die Frau eines renommierten Richters und Mutter dreier Söhne, die wegen ihrer kritischen Haltung gegenüber Republik-Chef Ramsan Kadyrow in Ungnade gefallen sind. Die Reporterin Milaschina hatte für die inzwischen verbotene Zeitung "Nowaja Gaseta" ausführlich über den Fall berichtet und die Angeklagte als Geisel des tschetschenischen Regimes bezeichnet.
Aus dem Auto gezerrt und krankenhausreif geschlagen
Milaschina und Nemow waren auf dem Weg vom Flughafen zum Gericht, als maskierte Männer ihren Fahrer zwangen anzuhalten. Milaschina und Nemow wurden krankenhausreif geschlagen. Auf Anweisung des tschetschenischen Machthabers Ramsan Kadyrow wurden sie in ein Hospital nach Beslan in der Nachbarrepublik Nordossetien gebracht.
Dort berichtete Milaschina dem tschetschenischen Ombudsmann Mansur Solajew: "Das war eine klassische Entführung. Sie haben unseren Wagen an den Straßenrand gedrängt, den Taxifahrer rausgeschmissen, sind zu uns in den Wagen gestiegen und haben versucht uns die Hände zusammenzubinden", sagt sie. "Dann haben sie uns auf Knie gezwungen und uns Pistolen an den Kopf gehalten. Sie waren dabei ziemlich nervös."
Die Angreifer gingen äußerst brutal vor. Milaschina wurden mehrere Finger gebrochen, sie erlitt zudem ein Schädel-Hirn-Trauma. Nemow wurden neben einer Stichverletzung mehrere Knochenbrüche zugefügt. Wie die in Russland verbotene Menschenrechtsorganisation Memorial berichtet, zerschlugen die maskierten Männer mitgeführte Technik und vernichteten alle Dokumente.
Sergej Babinez von der russischen Menschenrechtsorganisation "Team gegen Folter" sieht einen eindeutigen Zusammenhang zur Gerichtsverhandlung, zu der die beiden unterwegs waren. "Sie wurden mit Händen, Füßen und Kunststoffrohren geschlagen", erklärt Babinez. "Dabei hat man sie wegen ihrer Aktivitäten beschuldigt: Ihre Arbeit und die Gerichtsprozesse, die sie besuchten. Auch deswegen, was Jelena Milaschina dazu geschrieben hatte."
Fünfeinhalb Jahre Haft im Straflager
Die Investigativreporterin Milaschina und Rechtsanwalt Nemow wollten zur Urteilsverkündung Musajewas. Einer ihrer drei Söhne ist Gründer und Administrator des Telegram-Kanals "Adat", der von der tschetschenischen Führung als extremistisch eingestuft wurde. Die Familie hatte Tschetschenien verlassen, da es für sie dort zu gefährlich geworden war. Sie lebten zuletzt in Nischni Nowgorod. Vertreter der tschetschenischen Behörden hatten Musajewa von dort aus jedoch nach Grosny entführt.
Heute wurde sie zu fünfeinhalb Jahren Haft in einem Straflager verurteilt. Ihr war angeblicher Betrug und ein Angriff auf einen Polizisten zur Last gelegt worden. Beobachter sprachen von einer konstruierten Anklage, Musajewa sei nicht schuldig.
Russische Abgeordnete reagieren empört
In Russland reagierten einige Abgeordnete mit Empörung auf den Angriff gegen die Journalistin und den Anwalt der Angeklagten. Sie forderten Ermittlungen der Generalstaatsanwaltschaft. Kremlsprecher Peskow reagierte umgehend, Präsident Putin sei über den Fall informiert worden. "Natürlich ist dort eine Prüfung erforderlich, sowie die Umsetzungen von Ermittlungsmaßnahmen zu diesem Angriff", sagte er.
Für Journalisten ist es äußerst gefährlich, in Tschteschenien zu recherchieren. Brutale Übergriffe sind keine Seltenheit - auch gab es in der Vergangenheit immer wieder Morde an Journalisten. Milaschina war bereits 2020 von Tschetscheniens Machthaber Kadyrow mit dem Tod bedroht worden. Die Journalistin recherchiert seit Jahren in Tschetschenien und hatte häufig kritisch berichtet.