Kritik an Russland "Ein weiterer Versuch des Landraubs"
Schon vor der Annexion ukrainischer Gebiete durch Russland stießen die Pläne international auf massive Kritik. Die USA sprachen von einem "Affront gegen die Prinzipien von internationalem Frieden", UN-Generalsekretär Guterres hält sie für wertlos.
Die Vereinigten Staaten haben die Annexion ukrainischer Gebiete durch Russland schon im Vorhinein scharf verurteilt. Washington werde einen solchen Schritt niemals anerkennen, teilte US-Außenminister Antony Blinken mit. "Die Scheinreferenden des Kreml sind ein sinnloser Versuch zu verschleiern, was ein weiterer Versuch des Landraubs in der Ukraine ist", so Blinken. Die Abstimmungen in Donezk, Luhansk, Cherson und Saporischschja spiegelten nicht den Willen des Volkes wider und seien nur ein illegitimes Spektakel, das von russischen Stellvertretern unter Verletzung des Völkerrechts aufgeführt werde.
Das Vorgehen von Russlands Verbündeten in der Ukraine verstoße gegen internationales Recht und sei "ein Affront gegen die Prinzipien von internationalem Frieden und internationaler Sicherheit", sagte Blinken. Der Minister warf Moskau vor, ukrainische Bürger mit vorgehaltener Waffe zur Stimmabgabe gezwungen zu haben. Er bekräftigte die Zusage von US-Präsident Joe Biden, die USA würden die Ukraine so lange wie nötig unterstützen. Die USA und deren Verbündete kündigten angesichts der Entwicklungen neue Sanktionen gegen Russland sowie weitere Unterstützung für die Ukraine an.
"Gegenteil von freien und fairen Wahlen"
Die Regierung in Kiew bezeichnete die jüngsten Schritte Russlands als unverschämten Landraub. Präsident Wolodymyr Selenskyj berief in einer Reaktion für heute eine Dringlichkeitssitzung seines nationalen Sicherheitsrats ein.
Bundesaußenministerin Annalena Baerbock nannte die Abstimmungen das Gegenteil von freien und fairen Wahlen. Russland versuche, einen Frieden zu diktieren. Die Menschen seien unter Drohungen und manchmal sogar mit vorgehaltener Waffe "aus ihren Wohnungen und von ihren Arbeitsplätzen geholt" und gezwungen worden, ihre Stimme abzugeben und den Wahlzettel in eine gläserne Wahlurne zu stecken, sagte Baerbock.
Der UN-Sicherheitsrat in New York wird heute über eine Resolution abstimmen, welche die Scheinreferenden verurteilt. Das gab die französische Präsidentschaft des höchsten UN-Gremiums bekannt. Die von den USA und Albanien eingebrachte Resolution hat keinerlei Chancen, angenommen zu werden, da Russland als ständiges Mitglied des UN-Sicherheitsrats sein Veto einlegen kann. Allerdings dürfte der Text später der UN-Vollversammlung vorgelegt werden.
Guterres: Annexion hat rechtlich keinen Wert
UN-Generalsekretär António Guterres warnte mit Blick auf die geplante Annexion von weiterem ukrainischen Territorium durch Russland vor einer gefährlichen Eskalation. Zudem verstoße sie gegen die Charta der Vereinten Nationen und habe keinen rechtlichen Wert. Die sogenannten Referenden in den vier Regionen könnten nicht als echter Ausdruck des Volkswillens gewertet werden. Sie seien während eines bewaffneten Konflikts in Gebieten unter russischer Besatzung und außerhalb des rechtlichen und verfassungsmäßigen Rahmens der Ukraine erfolgt.
Guterres verwies auf eine Erklärung der Vollversammlung vom Oktober 1970, in der es hieß, ein Gebietsgewinn, der sich aus der Androhung oder Anwendung von Gewalt ergebe, werde nicht als rechtmäßig anerkannt. Russland reagierte empört auf die Äußerungen von Guterres. Guterres habe nicht das Recht, politische Erklärungen im Namen der Vereinten Nationen als Ganzes abzugeben.
Putin unterzeichnet Dekrete zur Unabhängigkeit
Der russische Staatschef Wladimir Putin hatte in der Nacht die Unabhängigkeit der ukrainischen Regionen Saporischschja und Cherson anerkannt. Dies geht aus veröffentlichten Dekreten des Präsidenten hervor, in denen Putin anordnet, "die staatliche Souveränität und Unabhängigkeit" der beiden Regionen im Süden der Ukraine anzuerkennen.
Heute fand in Moskau eine Zeremonie statt, bei der Teile der beiden Regionen sowie Luhansk und Donezk annektiert wurden. Die vier ukrainischen Regionen bilden einen wichtigen Landkorridor zwischen Russland und der 2014 von Moskau annektierten Halbinsel Krim. Zusammen mit der Krim machen sie rund 20 Prozent des ukrainischen Staatsgebiets aus.
Moskau hatte die Unabhängigkeit der selbst erklärten Volksrepubliken Luhansk und Donezk bereits wenige Tage vor Beginn der Militäroffensive am 24. Februar anerkannt. Am vergangenen Dienstag endeten mehrtägige Scheinreferenden in den vier Gebieten, die von der ukrainischen Regierung und westlichen Staaten als illegal verworfen werden. In diesen "Referenden" stimmte nach Angaben der dortigen pro-russischen Behörden eine große Mehrheit der Bevölkerung einer Eingliederung in russisches Staatsgebiet zu.