Krieg gegen die Ukraine Großangriff auf Asow-Stahlwerk befürchtet
Im Osten und Süden der Ukraine gehen die russischen Angriffe weiter. In Mariupol harren immer noch Hunderte ukrainische Kämpfer aus. Präsident Selenskyj hat wenig Hoffnung auf eine Befreiung.
Während Moskau mit den Feierlichkeiten zum "Tag des Sieges" startet, gehen die Kampfhandlungen in der Ukraine weiter. Im Süden des Landes gab das ukrainische Militär an, am Sonntag 51 russische Soldaten getötet sowie zwei Raketenwerfer und einen Hubschrauber zerstört zu haben. Die ukrainische Luftabwehr schoss nach eigenen Angaben fünf unbemannte Flugapparate und drei russische Marschflugkörper ab.
Im Osten der Ukraine verstärkte die russische Armee ihre Angriffe. An der Grenze zu Moldau war die Lage laut ukrainischem Generalstab "gespannt".
Die Gebietsverwaltung in Charkiw meldete den Beschuss von Wohnsiedlungen durch die russische Armee. Dabei seien drei Zivilisten getötet und fünf weitere verletzt worden, teilte die Gebietsverwaltung im Nachrichtendienst Telegram mit. Örtliche Behörden informierten darüber hinaus über Raketenangriffe im benachbarten Gebiet Sumy. Details zu Zerstörungen und möglichen Opfern waren vorerst nicht bekannt.
Region Luhansk weiter schwer unter Beschuss
Auch in Luhansk gab es russische Angriffe. Nach Angaben der ukrainischen Regionalverwaltung wurden dabei in einer Ölraffinerie in Lyssytschansk Produktionsanlagen beschädigt. Das russische Verteidigungsministeriums erklärte, sechs Raketen- und Artillerielager in den Gebieten Luhansk, Donezk und Charkiw seien zerstört worden. Auf einem Bahnhof der Stadt Soledar seien Waffen und Militärausrüstung bombardiert worden, die die Ukraine von den USA und anderen westlichen Staaten erhalten habe. Die Informationen konnten nicht unabhängig überprüft werden.
Angaben zu Kriegsverlauf, Beschuss und Opfern durch offizielle Stellen der russischen und der ukrainischen Konfliktparteien können in der aktuellen Lage nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.
UN-Generalsekretär António Guterres zeigte sich "entsetzt" über den Luftangriff auf ein Schulgebäude in der Region, bei dem möglicherweise bis zu 60 Menschen ums Leben kamen. Die Attacke zeige erneut, dass Zivilisten in diesem Krieg den höchsten Preis zahlten. Zivilisten und zivile Infrastruktur müssten nach dem Völkerrecht verschont bleiben, mahnte UN-Sprecher Stéphane Dujarric. In der Schule hatten ukrainischen Behörden zufolge rund 90 Personen Schutz gesucht. Durch den Bombenabwurf war ein Feuer ausgebrochen und das Gebäude zusammengestürzt. Zunächst war von 30 Geretteten und zwei geborgenen Toten die Rede.
Mariupol kann derzeit nicht befreit werden
Weiterhin angespannt bleibt die Lage in der südukrainischen Hafenstadt Mariupol. Die im Asow-Stahlwerk verschanzten ukrainischen Kämpfer stellen sich auf einen russischen Sturmangriff ein. Asowstal ist die letzte Bastion des ukrainischen Militärs in Mariupol. Eine Kapitulation schlossen die eingeschlossenen Kämpfer am Sonntag aber erneut aus. "Aufgeben ist keine Option, weil unsere Leben Russland nicht interessieren", erklärte Ilja Samojlenko, ein Offizier des Asow-Regiments.
Nach Angaben der Vereinten Nationen konnten gestern aber mehr als 170 weitere Menschen aus Mariupol herausgeholt werden. Insgesamt sind laut UN-Nothilfekoordinatorin Osnat Lubrani bislang mehr als 600 Menschen aus Mariupol gerettet worden. Es handelte sich um den jüngsten Evakuierungseinsatz aus dem Tunnelsystem unter dem Stahlwerk Asowstal, wo ukrainische Kämpfer russischen Attacken standzuhalten versuchen. Koordiniert werden die Evakuierungen von den Vereinten Nationen und dem Internationalen Komitee vom Roten Kreuz.
Präsident Wolodymyr Selenskyj hält eine Befreiung der Stadt derzeit für ausgeschlossen. "Die Ukraine hat nicht genügend schwere Waffen, um Mariupol auf militärischem Wege zu befreien", sagte Selenskyj am Sonntag bei einer Pressekonferenz mit Kanadas Regierungschef Justin Trudeau, der nach Kiew zu einem Solidaritätsbesuch angereist war.
Selenskyj zeichnet Minensuchhund mit Medaille aus
Einen besonderen Moment gab es während der Pressekonferenz mit Selenskyj und Trudeau: Der ukrainische Präsident zeichnete den Minensuchhund Patron mit einer Medaille aus. Der kleine Jack Russell Terrier bekam den Orden "Für selbstlosen Dienst" verliehen. Der zweieinhalb Jahre alte Hund soll sich das Minensuchen selbst beigebracht haben. Im nordukrainischen Gebiet Tschernihiw habe er bereits auf mehr als 100 todbringende Gegenstände aufmerksam gemacht.
Der Jack Russell Terrier Patron während einer Preisverleihung. Patron bekam von dem ukrainischen Präsidenten Selenskyj den Orden "Für selbstlosen Dienst" verliehen.
Bereits vor seiner offiziellen Ehrung galt Patron in der Ukraine als Volksheld. Mehr als 200.000 Menschen folgen seinen gefährlichen Einsätzen auf Instagram. Regelmäßig schicken Kinder dem Hund Fanpost mit selbstgemalten Zeichnungen. Die Ukraine gilt seit Beginn des Konflikts in der Ostukraine 2014 und dem russischen Überfall vom 24. Februar dieses Jahres als eines der am stärksten verminten Länder der Welt.