Einfache Einreise Ungarn öffnet weitere Tür für Russen und Belarusen
In aller Stille hat Ungarn Bürgern von Russland und Belarus eine Möglichkeit geschaffen, unkompliziert in das Land einzureisen. Das löst neue Verärgerung in der EU aus. Denn der Erlass wirkt sich auch auf den Schengen-Raum aus.
Während EU-Europa die Türen für Einreisende aus Russland weitgehend geschlossen hat, macht Ungarn das Gegenteil und öffnet - ohne Vorwarnung und Erklärung - genau solche Türen. Jetzt zum Beispiel durch einen Regierungserlass, der es auch Menschen aus Russland und aus Belarus erlaubt, nicht nur unkompliziert in das EU- und Schengen-Land Ungarn einzureisen, sondern sich dort auch mit einer sogenannten "National Card" registrieren zu lassen.
Ein Akt, der ihnen viele Vorteile verschafft: Sie können damit in Ungarn jede Arbeit annehmen. Sie müssen beim ersten Antrag auch noch keinen Arbeitsnachweis vorlegen - ganz anders als zum Beispiel registrierte Gastarbeiter in Ungarn.
Keine Deckelung vorgesehen
Es gibt auch - anders als bei Gastarbeitern - keine Deckelung, wie viele solcher "Nationalen Karten" höchstens ausgestellt werden dürfen. Wer sie bekommt, zuerst für zwei Jahre, kann die Familie nachholen und kann auch beliebig oft verlängern, jeweils für weitere drei Jahre.
Er oder sie muss auch keinen Wissenstest über Ungarn ablegen. Das heißt: De facto stehen die Türen für praktisch jeden aus Russland und Belarus weit offen. Und das in einem Land, dessen Migrationspolitik sonst auf die Abwehr von Ausländern ausgerichtet ist. Einem Land, das Asylsuchenden praktisch keine Chance gibt, einen Antrag zu stellen, geschweige denn, anerkannt zu werden.
Im Gegensatz dazu öffnen die ungarischen Behörden russischen und belarusischen Staatsangehörige nicht nur die Türen nach Ungarn, sondern auch in die Europäische Union und den grundsätzlich grenzkontroll-freien Schengenraum.
Noch ein Nadelstich?
Das alarmiert Experten. Befürchtet wird, dass so über Ungarn auch wieder russische Spione nicht nur nach Ungarn, sondern weiter nach Österreich, Deutschland, in die anderen Länder der EU geschleust werden könnten, vorbei an den strengen Einreisebestimmungen der EU für Bürger aus Russland und Belarus. Denn: Es ist kein sachlicher Grund für diesen prorussischen Erlass erkennbar - und es wurde auch keiner genannt. Russische Experten für den Ausbau des ungarischen Atomkraftwerk Paks 2 könnten auch auf anderen Wegen ins Land kommen.
Bleibt also die Vermutung, dass auch das wieder Teil einer EU-feindlichen Politik der Nadelstiche von Ministerpräsident Viktor Orban ist, dessen Land seit Anfang Juli auch die EU-Ratspräsidentschaft führt. Die wird ohnehin schon wegen Orbans unabgesprochenen Alleingänge auch gegenüber Russland besorgt beobachtet und viel kritisiert.
Klammheimlicher Erlass
Auch dieser pro-russische Regierungserlass kam leise und unspektakulär. Denn: Die "Nationale Karte" mit allen aufgezählten Privilegien gibt es in Ungarn schon lange.
Sie galt bisher nur für Staatsangehörige von Bosnien-Herzegowina, Nordmazedonien, Moldawien, Montenegro, Serbien und der Ukraine. Bis die Liste vor wenigen Tagen still und leise um die "Russische Föderation" und die "Republik Belarus" erweitert wurde.
Wie viele sich aus diesen Ländern inzwischen schon haben registrieren lassen? Die zuständige "Nationale Generaldirektion für Ausländerfragen" antwortete auf diese Anfrage des ARD-Studio Wien: Der Erlass sei erst kürzlich, am 9. Juli, in Kraft getreten. Entsprechende Statistiken lägen noch nicht vor. Die Frage sei verfrüht.