Europawahl und EU-Kommission Von der Leyen bewirbt sich um zweite Amtszeit
Ursula von der Leyen strebt eine zweite Amtszeit als EU-Kommissionspräsidentin an. Der CDU-Bundesvorstand nominierte sie als Spitzenkandidatin für die Europawahl Anfang Juni. Die Chancen sind groß, dass sie Präsidentin bleiben kann.
Der CDU-Bundesvorstand hat EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen einstimmig als Spitzenkandidatin für die Europawahl Anfang Juni nominiert. Das bestätigte CDU-Chef Friedrich Merz in einer gemeinsamen Pressekonferenz in Berlin. Zuvor hatte von der Leyen ihre Bereitschaft erklärt, für eine zweite Amtszeit zur Verfügung zu stehen.
Merz hob es als Verdienst von der Leyens hervor, dass Europa in den schwierigen Jahren der Corona-Pandemie zusammengeblieben sei. Sie habe eine hohe Reputation in den Mitgliedstaaten und weit darüber hinaus. Die zentrale Botschaft für die Europawahl sei, Sicherheit und Wohlstand in den kommenden Jahren zu sichern.
Klares Signal auch von der CSU
Auch die CSU unterstützt die Nominierung von der Leyens für eine erneute Amtszeit. Sie sei "als Kommissionspräsidentin die natürliche Spitzenkandidatin für die Union bei der Europawahl", schrieb CSU-Chef Markus Söder beim Kurznachrichtendienst X (ehemals Twitter). "Sie hat in den vergangenen fünf Jahren Führungsstärke bewiesen und Europa gut durch Krisen geleitet. Die CSU wird sie kraftvoll unterstützen." Söder betonte, von der Leyen werde mit CSU-Vize und EVP-Chef Manfred Weber "ein starkes Duo bilden".
Kritik von den Grünen
Scharfe Kritik kommt allerdings von Europaabgeordneten der Grünen. Sie bemängeln, dass von der Leyen zwar eine zweite Amtszeit als EU-Kommissionspräsidentin will, aber nicht bei den Europawahlen antritt. Es irritiere, dass von der Leyen nirgends auf dem Wahlzettel zu finden sein werde, sagte der Delegationssprecher der deutschen Grünen im Europäischen Parlament, Rasmus Andresen.
Ähnlich äußerte sich auch der aus NRW stammende Abgeordnete Daniel Freund. "Von der Leyen wurde von den Regierungschefs zur Kommissionspräsidentin gemacht. So soll es jetzt wieder laufen", sagte er. Mit ihrer Weigerung, für das Europaparlament zu kandidieren, schade von der Leyen der europäischen Demokratie. "Sie traut sich offenbar nicht, sich dem Votum der Wählerinnen und Wähler zu stellen", fügte Freund hinzu. "Zu kandidieren, ohne wählbar zu sein, führt das Spitzenkandidatenprinzip ad absurdum."
Von der Leyen war 2019 nicht erste Wahl
Der Posten des EU-Kommissionspräsidenten muss nach den Europawahlen im Juni neu besetzt werden. Ernannt wird in der Regel ein Kandidat der europäischen Parteienfamilie, die bei der Europawahl am besten abschneidet. In Umfragen liegt die EVP bislang klar vorn. Die Chancen sind deswegen groß, dass von der Leyen Präsidentin bleiben kann.
Die CDU-Politikerin war 2019 überraschend Kommissionspräsidentin geworden. Zunächst hatte der damalige EVP-Spitzenkandidat Manfred Weber (CSU) Anspruch auf den Posten erhoben. Er scheiterte aber insbesondere am Widerstand von Frankreichs Präsident Emmanuel Macron. Es folgte eine tagelange Hängepartie, bevor sich die EU-Staats- und Regierungschefs auf von der Leyen einigen konnten. Sie wurde nur äußerst knapp durch das EU-Parlament bestätigt, erwarb sich in dem Spitzenjob aber dann einen Ruf als fähige Managerin der Brüsseler Mammutbehörde.
Als Präsidentin der EU-Kommission ist von der Leyen Chefin von rund 32.000 Mitarbeitern, die unter anderem Vorschläge für neue EU-Gesetze machen und die Wahrung der Europäischen Verträge überwachen. Zudem sitzt die 65-Jährige bei fast allen großen internationalen Gipfeltreffen wie G7 oder G20 als EU-Repräsentantin mit am Tisch. Das US-Magazin "Forbes" kürte von der Leyen erst jüngst wieder zur "mächtigsten Frau der Welt".
Corona-Pandemie und Ukraine-Krieg
Die bisherige Amtszeit von der Leyens wurde vor allem von der Corona-Krise und dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine geprägt. In der Pandemie organisierte die EU-Kommission unter anderem die gemeinsame Impfstoffbeschaffung und erarbeitete ein riesiges Wiederaufbauprogramm für die Wirtschaft. Im Zusammenhang mit dem Ukraine-Krieg ist die Behörde nun insbesondere dafür zuständig, die Unterstützung des von Russland angegriffenen Landes zu organisieren und Vorschläge für Russland-Sanktionen zu machen.
Zu weiteren wichtigen Aufgabenbereichen der Behörde gehören die europäische Handels-, Wettbewerbs- und Umweltpolitik. Besonders am Herzen liegt von der Leyen dabei das Ziel, die EU bis 2050 zur ersten klimaneutralen Wirtschaftsmacht der Welt zu machen.
Promovierte Medizinerin
Vor ihrem Wechsel nach Brüssel war von der Leyen unter anderem Verteidigungsministerin unter der damaligen Kanzlerin Angela Merkel (CDU). Die Mutter von sieben Kindern ist promovierte Medizinerin und war auch schon Bundesfamilienministerin, Arbeitsministerin und Sozialministerin in Niedersachsen.
Von der Leyen wurde 1958 in Brüssel geboren - in dem Jahr, als Walter Hallstein als erster und bis zu von der Leyen letzter Deutscher Chef der Kommission wurde. Für diese Kommission arbeitete von der Leyens Vater, der spätere niedersächsische Ministerpräsident Ernst Albrecht. Die Tochter ging auf die Europaschule - auch deshalb spricht sie gut Französisch und Englisch.
EVP-Kongress am 7. März
Die Wahl des EVP-Kandidaten für den Posten des EU-Kommissionspräsidenten soll bei einem Parteikongress am 7. März erfolgen. Dass von der Leyen dort die notwendige Stimmenmehrheit erhält, gilt als sicher. Mögliche Gegenkandidaten sind bislang nicht bekannt. Zu der europäischen Parteienfamilie EVP gehören neben der deutschen CDU und CSU unter anderem die österreichische ÖVP, die italienische Forza Italia oder Spaniens konservative Volkspartei PP.