EU-Beitrittsverhandlungen Von der Leyen macht der Ukraine Hoffnung
Die Ukraine erfüllt laut EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen die Voraussetzungen für EU-Beitrittsverhandlungen fast vollständig. Bei einem Besuch in Kiew kündigte sie außerdem weitere Strafmaßnahmen gegen Russland an.
Wenige Tage vor der Veröffentlichung eines EU-Fortschrittsberichts zur Ukraine hat Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen bei einem Besuch in Kiew die Reformen des Landes demonstrativ gelobt. "Ich muss sagen, Sie haben ausgezeichnete Fortschritte gemacht. Das ist beeindruckend, das zu sehen", sagte sie nach einem Treffen mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj in Kiew.
Das Ziel Kiews, den Prozess der EU-Beitrittsverhandlungen bereits in diesem Jahr zu eröffnen, sei "wirklich in Reichweite", betonte die Kommissionschefin. "Sie haben bereits deutlich über 90 Prozent des Wegs hinter sich", sagte von der Leyen in einer Rede vor Parlamentsabgeordneten in Kiew. Es seien bereits viel größere Fortschritte gemacht worden, als man von einem Land im Krieg erwartet werden könnten. Von der Leyen nannte die Reform des Justizsystems, die Eindämmung des Einflusses der Oligarchen und die Bekämpfung der Geldwäsche. "Dies ist das Ergebnis harter Arbeit, und ich weiß, dass Sie dabei sind, die noch ausstehenden Reformen zu vollenden."
Eine noch stärkere Korruptionsbekämpfung, neue Gesetze über Lobbytätigkeiten und strengere Vorschriften über Angaben zu Vermögenswerten seien aber Maßnahmen, die unentbehrlich seien, sagte von der Leyen.
Selenskyj sagte, der Besuch finde in einem "historischen Moment" statt. "Diese Entscheidung wird nicht nur für die Ukraine, sondern auch für ganz Europa eine Schlüsselrolle in der Geschichte spielen.
Neue EU-Sanktionen gegen Russland
Am kommenden Mittwoch will die EU-Kommissionspräsidentin einen Bericht zu den Reformfortschritten der Ukraine vorlegen. Auf deren Grundlage wollen dann im Dezember die europäischen Staats- und Regierungschefs eine Entscheidung über den möglichen Start von EU-Beitrittsverhandlungen treffen. Die Ukraine ist seit vergangenem Sommer bereits offiziell Beitrittskandidat.
Von der Leyen kündigte in Kiew an, dass die EU kommende Woche neue Strafmaßnahmen gegen Russland bekannt geben werde. Die Sanktionen umfassten unter anderem neue Einfuhr- und Ausfuhrverbote, eine schärfere Ölpreisobergrenze und Maßnahmen gegen Unternehmen aus Drittländern, die die Sanktionen umgingen. Zu lange hätten viele in Europa gedacht, dass man mit Russland Handel treiben und das Land in die europäische Sicherheitsordnung integrieren könne, sagte sie.
Selenskyj: Kein Druck zu Friedensverhandlungen
Selenskyj sieht nach eigenen Angaben keinen Druck von der EU und der USA auf sein Land zu Verhandlungen mit Russland für eine Beendigung des Krieges. "Keiner übt Druck auf mich aus", sagte Selenskyj. Vor und zu Beginn des Krieges habe es das gegeben. "Heute übt niemand der EU-Führer, der USA Druck auf mich aus, dass wir uns jetzt mit Russland zusammensetzen, verhandeln und Russland irgendetwas abgeben. So etwas wird es nicht geben", sagte Selenskyj.
Von der Leyen sagte, die Ukraine sei ein souveränes Land und treffe daher Entscheidungen selbst. Sie erinnerte daran, dass Selenskyj selbst eine "Friedensformel" aus zehn Punkten aufgestellt habe, die weiter verfolgt werde. Sie sieht im Kern einen Abzug von russischen Truppen aus der Ukraine vor, bevor Kiew Verhandlungen mit Moskau beginnen würde. "Das zeigt, dass Sie die Initiative ergreifen, während Sie in dem Krieg kämpfen, um die territoriale Integrität zu bekommen und ihre Souveränität zu erhalten", sagte von der Leyen. Dabei werde die Ukraine auch von der EU unterstützt.