Europäischer Gipfel zur Finanzmarktkrise begonnen Gemeinsam Vertrauen schaffen
Ein gemeinsames Programm zur Rettung der Banken nach US-Vorbild hat in der EU offenbar keine Chance. Dennoch bemühen sich die Europäer zur Stunde in Paris, ein Signal gegen die Krise aussenden. Das Ziel lautet: Vertrauen schaffen.
Von Angela Ulrich, SR-Hörfunkstudio Paris
Die Vorzeichen sind gut: Aus dem US-Repräsentantenhaus gab es am Abend grünes Licht für das Milliarden-Rettungspaket für die angeschlagenen US-Banken. Jetzt will Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy aus Paris ein Signal an die Finanzmärkte senden. Er möchte mit den anderen großen europäischen Staaten Deutschland, Großbritannien und Italien ein gemeinsames Krisenmanagement demonstrieren.
Neue Prioritäten in der Krise
Der französische Premierminister Francois Fillon formulierte das Ziel so: "Angesichts einer Krise, die uns unverschuldet getroffen hat, haben der Präsident und ich unsere Verantwortung wahrgenommen. Wir entscheiden ohne Zögern und ohne Aufschub. Unsere Priorität heißt: Vertrauen schaffen!"
Für das eigene Land hat die französische Regierung ein 20-Milliarden-Euro-Programm zur Stabilisierung von Banken und Mittelstand aufgelegt. Doch einen gemeinsamen EU-Topf zur Bankenrettung wird es nicht geben. Vor allem Deutschland hatte vehement protestiert, als Vorüberlegungen zu einem 300 Milliarden-Euro-Paket bekannt geworden waren. Sie werde keinen Blankoscheck für Banken ausstellen, die dann leichtsinnig werden könnten, hatte Bundeskanzlerin Angela Merkel klargestellt.
Beratung über strengere Bankenaufsicht
Um was aber wird es dann konkret gehen beim Pariser Treffen der großen EU-Länder und Institutionen? Um mehr europäische Koordination in der Finanzmarktkrise und strengere Regeln bei der Bankenaufsicht. "Ich bin ganz sicher, dass es möglich ist, europäische Verabredungen zu bekommen.", sagte Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Jürgen Rüttgers in Paris vor dem Treffen. Er sehe die dringende Notwendigkeit, über die Spielregeln auf den Finanzmärkten neu zu diskutieren. "Es macht keinen Sinn, dass die internationalen Finanzmärkte weltweit handeln und aufgestellt sind und wir versuchen, die Bankenaufsicht national zu organisieren. Und insofern kommt dem Treffen der Staats- und Regierungschefs und der Kanzlerin eine große Bedeutung zu."
Bisher geht jedes Land in der Finanzkrise seinen eigenen Weg. Nach Meinung der Bundesregierung soll das auch so bleiben. Irland zum Beispiel hat unbegrenzte Staatsbürgschaften für die irischen Banken beschlossen. Großbritannien hat mehrere Geldhäuser verstaatlicht. Die Bundesregierung will von Fall zu Fall entscheiden. In Deutschland ist der Rettungsplan der Hypo Real Estate Bank unter Dach und Fach. Privatbanken werden sich stärker daran beteiligen als zunächst vorgesehen.
"Wir haben die Risiken unterschätzt"
Jean-Claude Trichet, der Präsident der Europäischen Zentralbank, rief die EU angesichts der Finanzmarktkrise zur Geschlossenheit auf. Es müsse eine lange Durststrecke überwunden werden, sagte er. "Es ist ein Prozess, den wir vor uns haben", so Trichet. "Es geht um wichtige Korrekturen, denn es gab starke Ungleichgewichte auf den Märkten. Wir haben die Risiken unterschätzt. Jetzt müssen wir das korrigieren." Aber das erfordere von allen Verantwortlichen ein Höchstmaß an Wachsamkeit.
Der Pariser Mini-Gipfel zur Finanzmarktkrise beginnt am Nachmittag. Zuvor trifft Präsident Sarkozy den Chef des Internationalen Währungsfonds (IWF), seinen Landsmann Dominque Strauss-Kahn.