Verfassungsartikel 49.3 Wie Frankreichs Parlament umschifft werden kann
Frankreichs Regierung hat die umstrittene Rentenreform durchgebracht - mithilfe von Verfassungsartikel 49.3, auch "Dicke Bertha" genannt. Zum Einsatz kam dieser Artikel bereits öfter.
Schon länger wurde in Frankreich gemutmaßt, dass Präsident Emmanuel Macron auf Artikel 49.3 zurückgreifen könnte, um die geplante Rentenreform durchzusetzen. Dazu kam es nun. Doch die Nutzung der "Dicken Bertha", wie Artikel 49.3 in Anspielung auf ein gleichnamiges deutsches Geschütz aus dem Ersten Weltkrieg auch genannt wird, dürfte Empörung in weiten Teilen der Öffentlichkeit auslösen.
Die "Dicke Bertha" gilt als Brechstange oder Joker der Regierung. Mit dem Paragraphen kann sie ein Gesetz ohne parlamentarische Abstimmung durchsetzen - riskiert damit allerdings ein oder mehrere Misstrauensvoten und damit letztlich ihr eigenes Überleben.
Seit 1958 - seit diesem Jahr gilt die aktuelle französische Verfassung - wurde der Artikel mehr als 40 Mal genutzt. Bislang haben alle Regierungen die damit verbundenen Misstrauensanträge überstanden.
Ministerrat muss zustimmen
Um den Verfassungsartikel geltend zu machen, muss zunächst der Ministerrat grünes Licht geben. Die Premierministerin oder der Premierminister kündigt anschließend in der Nationalversammlung an, mit seiner Regierung die Verantwortung für das betreffende Gesetz zu übernehmen - so wie heute Elisabeth Borne.
In einem Zeitraum von 24 Stunden können dann einer oder mehrere Misstrauensanträge gestellt werden. Sollte die Regierung diese überstehen, ist das Gesetz damit verabschiedet. Scheitert die Regierung, folgen Neuwahlen.
Macron früher selbst skeptisch
Der Artikel 49.3 kann pro Sitzungsperiode nur für den Haushalt und ein weiteres Gesetzesvorhaben genutzt werden - dann aber für alle Abstimmungsetappen in der Nationalversammlung. Als der amtierende Präsident Macron noch Wirtschaftsminister unter seinem Vorgänger Francois Hollande war, stand er der Nutzung des Artikels skeptisch gegenüber.