Krieg in Nahost Schwierige Zeiten für Friedensaktivisten
Der blutige Terrorangriff der Hamas hat alles in Israel verändert: Die Menschen rücken enger zusammen. Schwieriger geworden ist es für Friedensaktivisten, ihre mahnenden Worte wollen viele gerade nicht hören.
Für jemanden, der sich für Frieden einsetzt zwischen Israelis und Palästinensern, sind das keine guten Zeiten. Rimmon Levi macht das schon seit rund 55 Jahren. Und deswegen wollte er gerade jetzt, im Gaza-Krieg, ein Zeichen setzen. Mitten in Jerusalem, wo er wohnt.
Levi ist in einer Gruppe aktiv, die "Standing Together", "Zusammenstehen", heißt. Gemeint sind palästinensische und jüdische Israelis. Und weil er das gerade jetzt, im Krieg, für besonders wichtig hält, hat er zusammen mit ein paar Freunden neulich Plakate aufgehängt, auf denen stand: "Nur Frieden bringt Sicherheit", "Wir stehen das zusammen durch" und "Nein zu Gewalt, nein zu Rassismus".
Die Plakate waren auf Hebräisch und Arabisch - und es gab Kritik, erzählt Revi: "Einer, der vorbeigekommen ist, hat uns gesagt: Jetzt ist nicht die Zeit, um über Frieden zu sprechen. Alles, was auch die andere Seite in den Blick nimmt und dazu auffordert, jetzt nicht Rache zu üben, passt gerade nicht zu den nationalen Bedürfnissen."
Polizeiaktion gegen Aktivisten
Doch bei dieser Kritik blieb es nicht: Die Polizei kam vorbei. Setzte die Friedensaktivisten kurz fest und verteilte einen saftigen Strafzettel. Ganz Jerusalem hängt voller Plakate, sagt Levi, deshalb hält er das Vorgehen der Polizei ausgerechnet gegen seine Friedensbotschaft für Willkür. Wahrscheinlich droht jetzt sogar noch ein Gerichtsverfahren.
"Standing Together" ist die größte jüdisch-arabische Bewegung in Israel und in diesen Kriegszeiten ganz besonders gefragt, sagt Sally Abed, eine israelische Palästinenserin aus Haifa, die auch dazu gehört: "Das Wichtigste, was wir jetzt tun können, ist zu deeskalieren. Vor allem, was die Spannungen in gemischten Städten angeht. Mit unserer Botschaft der Solidarität, von Partnerschaft und von einem gemeinsamen Schicksal."
Angespannte Sicherheitslage
Denn es hat Spannungen gegeben in den letzten Tagen und Wochen. Seit der Krieg zwischen der Hamas und Israel begonnen hat. Palästinenser hatten angesichts der humanitären Lage im Gazastreifen demonstriert - und die Polizei hatte hart durchgegriffen.
In Netanya, nördlich von Tel Aviv mussten Menschen in einem Studentenwohnheim in Sicherheit gebracht werden, nachdem dort rechtsextreme Demonstranten aufmarschiert waren und "Tod den Arabern" gerufen hatten.
Für Empathie, für den Blick für die Trauer auf beiden Seiten, ist zur Zeit nur wenig Platz, sagt Abed: "In diesem Moment der extremen Polarisierung, wo es fast keinen Raum mehr gibt, für beide Seiten zu trauern, ist es das Wichtigste, diesen Raum offenzuhalten, so schwer das ist. Die Hoffnung ist, dass, wenn wir in der Lage sind, jetzt Trauer und Schmerz für beide Seiten zu empfinden, dass wir dann auch eine gemeinsame, gleichberechtigte Zukunft haben."
"Nur Koexistenz zwischen Juden und Arabern hilft"
An diese Zukunft denken jetzt, mitten im Krieg, nur Wenige. Nur Menschen wie Sally Abed und Rimmon Levi aus Jerusalem. Er ist in den 1960er Jahren nach Israel gekommen. Und er ist überzeugt: Sicherheit für seine Heimat kann es nur geben, wenn es ein Zusammenleben gibt.
"Ich glaube, dass nur Koexistenz zwischen Juden und Arabern hilft. Das ist eine echte Demokratie, und die muss sich auch in schwierigen Zeiten bewähren, nicht nur, wenn alles einfach ist. Gerade wenn Krieg ist, muss man sicherstellen, dass jeder Bürger Rechte hat, sich zu äußern und sich auch mit dem zu identifizieren, was den Menschen in Gaza passiert."
Und auch wenn seine Plakate einen Polizeieinsatz ausgelöst haben, in ein paar Tagen will er wieder los und neue aufhängen. Zusammen mit seinen palästinensischen Freunden.