UN-Generalsekretär in der Ukraine Geringe Erwartungen an Guterres-Besuch
UN-Generalsekretär Guterres war erst in Moskau, bevor er nach Kiew gereist ist - zum Unmut der ukrainischen Regierung. Sollte er bei seinem heutigen Besuch keine konkrete Unterstützung zusagen, muss er mit heftiger Kritik rechnen.
Für politischen Tourismus habe man keine Zeit, hatte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj unlängst durchblicken lassen. Einfach nur nach Kiew zu kommen, um zu reden, sei zu wenig, hatte er schon vor Tagen zu Protokoll gegeben: "Wir erwarten 100-prozentige Unterstützung vom UN-Generalsekretär." Und das meint: mehr Druck auf Russland, konkrete Taten statt vager Vorstöße. Ob der UN-Generalsekretär das allerdings nach seinem Besuch in Moskau liefern kann, ist fraglich.
Konkrete Vorschläge, aber keine Zusagen
Zwar hat Guterres bei der russischen Seite konkrete Vorschläge auf den Tisch gelegt. Konkrete Zusagen aber hat er nicht bekommen. Weder gab es grünes Licht für seinen Vorstoß, eine Kontaktgruppe ins Leben zu rufen, die für sichere, zuverlässige Fluchtkorridore aus umkämpften Städten sorgen soll, noch für seinen Vorschlag, gemeinsam mit dem Internationalen Komitee des Rotens Kreuzes eine Rettungsaktion für die Menschen in der hart umkämpften Hafenstadt Mariupol zu starten.
"Das Thema wird weiter bearbeitet. In diesem Bereich gibt es aber keine konkreten Vereinbarungen", ließ Kreml-Sprecher Dmitrij Peskow am Tag nach dem Treffen des UN-Generalsekretärs mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin wissen.
UN in Kontakt mit russischem Verteidigungsministerium
UN-Vertreter, erläuterte Russlands Außenminister Sergej Lawrow wenig später, stünden bereits im Kontakt zum russischen Verteidigungsministerium. "Sie erhalten dort die notwendigen Informationen, wie sich das Anliegen des Generalsekretärs umsetzen lässt."
Dass dabei irgendetwas herauskommen könnte, daran glaubt der ukrainische Politologe Oleh Saakjan ebenso wenig wie daran, dass der Besuch Guterres' die Lage zum Besseren wenden wird.
Die Vereinten Nationen, erklärte er im Sender Nastojaschtschee Wremja, hätten in all der Zeit weder die Weltordnung sichern, noch Russland aufhalten können. Die UN-Strukturen seien komplett gescheitert. "Jetzt sucht die UN-Nomenklatura nach einem Weg, um zu beweisen, dass es sie noch gibt und dass sie noch was können."
Politische Pflichtveranstaltung
Selbst wenn der UN-Generalsekretär mit besten Absichten und tollen Vorschlägen käme, so Saakjan, die UN-Initiativen würden an der Realität scheitern. Denn Russland habe zurzeit kein Interesse an einer Deeskalation.
Die Erwartungen an den Besuch Guterres' in Kiew sind entsprechend gering. Von einer politischen Pflichtveranstaltung ist die Rede. Von einem formellen Treffen, bei dem der UN-Generalsekretär allerdings mit unverblümter Kritik an seiner Reiseroute und Rolle rechnen muss.