Vorwürfe gegen den Iran IAEA widerspricht Israel
Es gebe "keine glaubwürdigen Hinweise" auf ein iranisches Atomwaffenprogramm seit 2009 - die IAEA hat entsprechenden Vorwürfen Israels und der USA vehement widersprochen. Auch die EU ist skeptisch.
Nach Angaben der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) gibt es "keine glaubwürdigen Hinweise" auf ein iranisches Atomwaffenprogramm nach 2009. Dies teilte ein IAEA-Sprecher in Wien unter Hinweis auf den Abschlussbericht der Organisation im Zusammenhang mit der Vereinbarung des Atomabkommens von 2015 hin. Damit widerspricht die unabhängige und international besetzte Organisation den am Vortag von Israel erhobenen Vorwürfen gegen den Iran.
Der IAEA-Sprecher erklärte weiter, dass es Standardpraxis der Behörde sei, alle verfügbaren sicherheitsrelevanten Informationen auszuwerten. "Es ist jedoch nicht Praxis der IAEA, mit solchen Informationen verbundene Fragen öffentlich zu diskutierten", sagte er.
Multimedia-Präsentation als Beweis?
Israels Ministerpräsident Benjamin Netanyahu hatte am Montag angebliche Beweise für ein iranisches Atomwaffenprogramm präsentiert und schwere Vorwürfe gegen die islamische Republik erhoben. Die USA bezeichneten die Darstellung Jerusalems als glaubwürdig: "Das iranische Regime hat jahrelang gegenüber der Welt behauptet, dass sein Atomprogramm friedlich sei. Die Dokumente, die Israel aus dem Iran erlangt hat, zeigen ohne jeden Zweifel, dass das iranische Regime nicht die Wahrheit gesagt hat", erklärte das US-Außenministerium.
Israels Premier hatte dem Iran bei einer Präsentation vor Journalisten vorgeworfen, Forschungen zum Bau einer Atombombe für einen möglichen künftigen Gebrauch heimlich aufbewahrt zu haben. Netanyahu stützte die Anschuldigungen auf Dokumente aus einem "geheimen Atomarchiv" in Teheran, die der israelische Geheimdienst sichergestellt habe. Auf der in Teilen bizarr anmutenden Multimedia-Präsentation vor Journalisten zeigte Netanyahu mehr als Hundert Aktenordner und CDs, die angeblich den Bruch des Atomabkommens durch Teheran belegen sollten.
Israel warf dem Iran vor, über das Abkommen zu lügen.
Mancher Beobachter fühlte sich an die Präsentation des ehemaligen US-Außenministers Colin Powell von 2002 erinnert: Darin zeigte Powell Animationen von angeblichen irakischen Massenvernichtungswaffen - dies nahmen die USA als Rechtfertigung für den Einmarsch im Irak 2003. Die Massenvernichtungswaffen wurden danach jedoch nie gefunden.
EU: Nur die IAEA kann prüfen
Die EU äußerte sich skeptisch über die israelischen Anschuldigungen: Aus ihrer Sicht weise nichts auf einen Bruch des Iran-Atomabkommens hin, teilte die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini mit. Sie betonte, zuallererst obliege es der Internationalen Atomenergiebehörde IAEA, zu überprüfen, ob der Iran den Vorschriften des Abkommens Folge leiste. Sie sei die einzige unabhängige und internationale Organisation, die mit der Überwachung der iranischen Verpflichtungen beauftragt sei.
Auch die Bundesregierung reagierte zurückhaltend auf die israelischen Vorwürfe. "Wir werden die Informationen der israelischen Seite im Detail analysieren und bewerten", sagte ein Regierungssprecher. Ähnlich äußerte sich Frankreich. Das Außenministerium erklärte, die Informationen aus Israel könnten Teil einer langfristigen Bewertung des Atomabkommens sein. Wichtig sei aber, dass die IAEA weiter ihre Untersuchungen durchführe und danach beurteile, ob Teheran die Auflagen einhalte.
Frankreich sieht Bedeutung des Atomabkommens bestätigt
Frankreich sieht die Bedeutung des Atomabkommens mit dem Iran nach den israelischen Vorwürfen bestätigt. Die Sprecherin des Pariser Außenministeriums äußerte sich zurückhaltend zu den von Netanyahu vorgelegten Informationen. Diese müssten "im Detail studiert und bewertet werden", teilte sie mit.
Nach einer ersten Auswertung bestätigten die Angaben, dass ein Teil des iranischen Atom-Programms keinen zivilen Zweck gehabt habe. Genau diese Analyse habe Frankreich, Deutschland, Großbritannien und die EU bei den Verhandlungen für das Atomabkommen mit dem Iran geleitet. "Die Relevanz dieses Abkommens wird durch die von Israel vorgelegten Elemente gestärkt." Die Regierung in Paris fügte hinzu, dass die von Israel vorgelegten Informationen die Notwendigkeit nach längerfristigen Zusicherungen des Irans bestätigen könnten.