Netanyahu oder Gantz? Wieder Patt nach Wahl in Israel
Israel steht nach der Wahl vor der gleichen Situation wie im April: Es gibt ein Patt zwischen Premierminister Netanyahu und seinem Herausforderer Gantz. Nun kommt es auf den Rechtspopulisten Lieberman an.
Nach der Parlamentswahl in Israel besteht nach Medienberichten wieder ein Patt zwischen der Likud-Partei des rechtskonservativen Ministerpräsidenten Benjamin Netanyahu und dem Mitte-Bündnis Blau-Weiß. Der Likud sowie Blau-Weiß von Ex-Militärchef Benny Gantz kommen nach Auszählung von mehr als 90 Prozent der Stimmen auf jeweils 32 Sitze, wie israelische Medien berichteten.
Netanyahu hatte im Wahlkampf betont, er strebe eine rechts-religiöse Koalition an. Gantz ist nur zu einer großen Koalition ohne Netanyahu als Regierungschef bereit. Als Grund nennt Gantz die Korruptionsvorwürfe gegen den 69-Jährigen, der seit 2009 Ministerpräsident ist. Nach einer Anhörung im Oktober droht Netanyahu eine Anklage in drei Korruptionsfällen.
Gespräche im rechten Lager
Netanyahu erhob am frühen Morgen den Anspruch auf die Regierungsbildung und erklärte Gespräche im rechten Lager führen zu wollen. Um eine Parlamentsmehrheit zu bekommen, bräuchte er aber die Stimmen der streng-religiösen jüdischen Parteien, mit denen der Rechtspopulist Avigdor Lieberman aber auf keinen Fall zusammen gehen will und auch auf ihn ist Netanyahu angewiesen. Lieberman fordert eine säkulare Einheitsregierung aus dem Oppositionsbündnis Blau-Weiß und Netanyahus Likud und möchte diesem Bündnis auch selber angehören. Dies sei die einzig wahre Lösung, sagte Lieberman am Morgen. Eine solche Partnerschaft scheint aber politisch nicht möglich, solange der Likud von Netanyahu geführt wird.
Offizielle Angaben auf der Internetseite des israelischen Wahlausschusses gab es um 8.15 Uhr deutscher Zeit erst auf der Basis von rund 44 Prozent der ausgezählten Stimmen. Demnach kam der Likud auf 28,2 Prozent der Stimmen, Blau-Weiß auf 27,6 Prozent. Der Wahlausschuss teilt die Ergebnisse stets in Prozent mit, während die Medien die Ergebnisse direkt auf Mandate umrechnen. Nach Angaben des israelischen Fernsehsenders 13 kommt der rechts-religiöse Block derzeit auf 56 Mandate, der Mitte-Links-Block auf 55.
Schon in den Umfragen vor der Wahl lag Oppositionskandidat Gantz mit Premier Netanyahu gleichauf.
Neue Regierung frühestens Ende Oktober
Bei der Wahl am Dienstag waren 6,4 Millionen Wahlberechtigte dazu aufgerufen, die 120 Mitglieder der 22. Knesset in Jerusalem zu bestimmen. Das endgültige Wahlergebnis soll eine Woche nach der Wahl veröffentlicht werden. Präsident Reuven Rivlin muss nun entscheiden, wen er mit der Regierungsbildung beauftragt. Dazu holt er sich von allen Fraktionen Empfehlungen für das Amt des Ministerpräsidenten ein.
Wer danach die größten Chancen zur Bildung einer Regierungskoalition hat, erhält dafür zunächst vier Wochen Zeit. Üblicherweise erhält den Auftrag der Vorsitzende der Fraktion mit den meisten Stimmen. Mit einer neuen Regierung wird frühestens Ende Oktober gerechnet.