Kinderpornografie im Internet EU will Websites sperren
Im Kampf gegen Kinderpornografie im Internet hat Deutschland seine Linie in der EU nicht durchsetzen können. Berlin will die Seiten löschen. Die EU-Justizminister einigten sich aber lediglich darauf, dass die entsprechenden Webseiten gesperrt werden sollen.
Von Martin Bohne, MDR-Hörfunkstudio Brüssel
In der EU soll der Kampf gegen Kinderpornografie und Kindesmissbrauch verstärkt werden. Die Justizminister einigten sich auf eine gemeinsame Linie. Über die muss jetzt noch mit dem Europaparlament verhandelt werden.
In dem geplanten Gesetz ist vorgesehen, die Strafen für Sextourismus zu verschärfen. Das Verbot von Kinderpornografie soll ausgeweitet werden. Auch diejenigen, die im Internet gezielt nach Kinderpornos suchen und sich die Filme in Echtzeit ansehen, ohne das Material auf die Festplatte zu laden, sollen künftig strafrechtlich belangt werden. Unter Strafe gestellt werden soll auch das sogenannte Grooming. Damit ist das Anlocken von Kindern in Online-Netzwerken gemeint, mit dem Ziel sie später sexuell zu missbrauchen. Wer Kinder zu sexuellen Handlungen vor einer Webcam zwingt, soll künftig auch bestraft werden. Opferschutz und Vorbeugung sollen verbessert werden.
Berlin für intensives Löschen
Der Knackpunkt aus deutscher Sicht ist die Frage, wie mit den verbotenen Kinderpornoseiten im Internet umgegegangen werden soll. Sperren oder Löschen. Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger kam mit einer klaren Position nach Brüssel: "Wir sind für Löschen, für intensives Löschen. Und wir sind gegen den Aufbau einer Sperrinfrastruktur. Sperren ist einfach kein Mittel, leicht umgehbar und der wirkliche Schutz ist nur, dass dieses fürchterlichen, kinderpornografischen Inhalte aus dem Netz verschwinden."
Als Erfolg verbuchte die deutsche Justizministerin, dass im geplanten Gesetz nun tatsächlich dem Löschen die absolute Priorität eingeräumt wird. Da dies aber oft nicht möglich ist, etwa, weil die meisten Server sich außerhalb Europas befinden, sollen die EU-Staaten verpflichtet werden, die Seiten zu sperren. Dieser von einer Mehrheit der EU-Justizminister gewollte Passus ist aber gar nicht im Sinne Leutheusser-Schnarrenbergers: "Wir wollen nicht, dass Mitgliedsstaaten verpflichtet werden, eine Sperrinfrastruktur aufzubauen."
Missbrauch der Sperrmittel denkbar
Denn die Ministerin teilt die Befürchtungen vieler Internetnutzer, "dass mit einer Sperrinfrastruktur nun erstmals auch ein gewisser Kontrollmechanismus aufgebaut wird, der vielleicht auch in anderen Bereichen zur Anwendung kommen könnte. Und das führt zurecht zu Besorgnis."
Für die FDP-Ministerin ist das ein heikles Thema. Denn ihre Partei hatte in den Koalitionsverhandlungen durchgesetzt, dass ein von der vorhergehenden schwarz-roten Regierung beschlossenes Gesetz zu Netzsperren ausgesetzt wird. Leutheusser-Schnarrenberger hofft nun, dass sich in den bevorstehenden Verhandlungen mit dem Europaparlament, in dem viele Abgeordnete Internet-Sperren auch sehr kritisch sehen, der deutsche Standpunkt doch noch durchsetzt.