Raketenangriff auf Kiew Vom Ausland gelieferte Panzer zerstört?
Beim schwersten Raketenangriff auf Kiew seit Wochen sollen aus dem Ausland gelieferte Panzer zerstört worden sein - das meldet Russland. Präsident Putin droht mit weiteren Angriffen, sollten die USA Raketensysteme liefern.
Bei einer Serie von Raketenangriffen auf die ukrainische Hauptstadt Kiew hat Russland nach eigenen Angaben Panzer und anderes Gerät zerstört. Das russische Verteidigungsministerium teilte mit, die Langstrecken-Luft-Boden-Raketen hätten unter anderem T-72-Panzer und andere Fahrzeuge zerstört, die von osteuropäischen Ländern geliefert wurden und in Werkstätten gestanden haben sollen.
Angaben zu Kriegsverlauf, Beschuss und Opfern durch offizielle Stellen der russischen und der ukrainischen Konfliktparteien können in der aktuellen Lage nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.
Klitschko berichtet von Explosionen
Kiews Bürgermeister Vitali Klitschko berichtete in seinem Telegram-Kanal von Explosionen. Es gebe nach bisherigem Stand einen Verletzten, der im Krankenhaus behandelt werde, aber keine Toten, sagte Klitschko. Betroffen waren demnach die Stadtbezirke Darnyzja im Südosten und Dnipro im Westen der Millionenmetropole. Dabei seien auch Einrichtungen der Bahn getroffen worden, erklärte ein Berater von Präsident Wolodymyr Selenskyj. Auch der bereits mehrfach beschossene Vorort Browary wurde Behörden zufolge wieder getroffen.
In sozialen Netzwerken veröffentlichten Menschen Bilder und Videos von Bränden und Rauchwolken. Auch Geräusche von Einschlägen waren zu hören. Am Morgen hatte es langen Luftalarm gegeben. Es handelte sich um den schwersten Angriff auf die Hauptstadtregion seit Wochen.
Putin droht mit neuen Angriffen
Nach Angaben des ukrainischen Militärs konnte eine Rakete von der Flugabwehr abgeschossen werden. Die Marschflugkörper sollen von einem russischen Tu-95-Bomber über dem Kaspischen Meer abgefeuert worden sein, erklärte das Oberkommando der ukrainischen Luftwaffe.
Der russische Präsident Wladimir Putin drohte in einem Interview mit einem Angriff auf neue Ziele in der Ukraine, sollten die USA damit beginnen, der Ukraine Langstreckenraketen zu liefern. Was ins Visier genommen würde, ließ er offen.
Russen setzen Offensive im Osten fort
Im Osten der Ukraine setzten russische Truppen ihre Offensive mit Raketen- und Luftangriffen in der Region Luhansk fort. Gouverneur Serhij Hajdaj erklärte auf Telegram, Hubschrauber hätten Luftangriffe in den Gegenden Girske und Myrna Dolyna geflogen, Flugzeuge hätten Ustyniwka angegriffen.
Die Stadt Lyssytschansk sei von einer Rakete getroffen worden. Dort seien fünf Häuser beschädigt worden, in Girske 13 Häuser. Ein weiterer Luftangriff wurde aus der Stadt Kramatorsk gemeldet. Todesopfer gab es nach Angaben von Bürgermeister Oleksandr Gontscharenko nicht, zwei Unternehmen der Stadt seien aber stark beschädigt worden.
Der ukrainische Generalstab beschuldigte Russland, in der Region Charkiw im Bereich des Dorfs Tscherkaski Tyschky Phosphormunition eingesetzt zu haben. Die Angabe konnte nicht unabhängig überprüft werden.
Der ukrainische Atomenergiekonzern teilte mit, dass eine russische Rakete gefährlich nah am südukrainischen Kernkraftwerk bei Juschnoukrajinsk geflogen sei. Die russische Angreifer begriffen "immer noch nicht, dass schon ein kleines Raketenstück, das in einen funktionierenden Energieblock einschlagen kann, zu einer atomaren Katastrophe und Austreten von Strahlung führen kann", teilte die Behörde mit. Sie warf Russland "atomaren Terrorismus" vor.
Gouverneur: Sjewjerodonezk in zwei Hälften geteilt
Zudem setzten russische Truppen ihre Angriffe in Sjewjerodonezk in der Region Luhansk fort. Die Russen kontrollierten demnach aktuell den östlichen Teil der Stadt und versuchten, die ukrainischen Truppen einzukreisen und die wichtigsten logistischen Routen zu blockieren.
"Es war eine schwierige Situation. Die Russen haben 70 Prozent der Stadt kontrolliert, aber in den vergangenen zwei Tagen sind sie zurückgedrängt worden", sagte Gouverneur Hajdaj im ukrainischen Fernsehen. "Die Stadt ist jetzt mehr oder weniger in zwei Hälften geteilt."
Britischer Geheimdienst: Schlecht ausgerüstete Reservetruppen
Das britische Militär erklärte in seinem täglichen Geheimdienstbericht, die ukrainischen Gegenangriffe in Sjewjerodonezk nähmen den russischen Truppen vermutlich viel von der "operativen Stoßkraft", die diese durch die Konzentration von Kampfeinheiten und Feuerkraft zuvor gewonnen hätten.
Das russische Militär stütze sich teilweise auf Reservetruppen aus der Region Luhansk. Diese Truppen seien schlecht ausgerüstet und ausgebildet, ihnen fehle es im Vergleich zu regulären Einheiten an schwerem Gerät, hieß es in dem Lagebericht. Hintergrund sei vermutlich der Wunsch, Verluste regulärer russischer Truppen zu begrenzen.