Israel Netanyahu formell wegen Korruption angeklagt
Der Korruptionsprozess gegen Israels Premier Netanyahu kann starten: Wenige Stunden, nachdem dieser einen Antrag auf Immunität zurückgezogen hatte, ging die Anklage beim zuständigen Gericht ein.
Israels Regierungschef Benjamin Netanyahu ist formell wegen Korruption in drei Fällen angeklagt worden. Eine entsprechende Anklageschrift ging beim Bezirksgericht Jerusalem ein, teilte das israelische Justizministerium mit. Es ist das erste Mal in der Geschichte Israels, dass ein amtierender Ministerpräsident angeklagt ist. Unklar ist, ob die Sitzungen des Prozesses noch vor der Wahl am 2. März beginnen könnten. Netanyahu strebt trotz der Anklage eine Wiederwahl an.
Sieht sich als Opfer eine Kampagne: Israels Ministerpräsident Netanyahu ist wegen Korruption in drei Fällen angeklagt.
Nur Stunden zuvor hatte Netanyahu seinen Antrag auf Immunität vor Strafverfolgung wieder zurückgezogen. Damit wurde die Anklage erst möglich. Eigentlich sollte am Dienstagvormittag im Parlament eine Sitzung zu Netanyahus Immunitätsantrag beginnen. Dabei war eine Abstimmung über die Einrichtung eines Knesset-Ausschusses geplant, der über die Immunität des 70-Jährigen entscheiden sollte. Seine Aussichten galten dabei allerdings als sehr schlecht.
Netanyahu gibt sich staatsmännisch
Netanyahu warf seinen politischen Gegnern ein "schmutziges Spiel" vor und betonte, er werde alle Korruptionsvorwürfe widerlegen. Das Parlament führe einen "Zirkus" auf, während er selbst in einer "schicksalsschweren Stunde für das Volk Israel" in "historischer Mission" in den USA sei, um die dauerhaften Grenzen Israels zu entwerfen und die Sicherheit des Landes für die kommenden Jahrzehnte sicherzustellen. Netanyahu traf sich gestern mit US-Präsident Donald Trump, der dem Ministerpräsidenten seinen Friedensplan für den Nahen Osten vorstellte.
Schwere Vorwürfe
Die Staatsanwaltschaft hatte Netanyahu im November wegen Betrugs, Untreue und der Annahme von Bestechungsgeld angeklagt. Es geht um den Verdacht der Beeinflussung von Medien, angebliche Deals mit Unternehmen und Luxusgeschenke befreundeter Geschäftsleute im Gegenzug für politische Gefälligkeiten. Sollte er wegen Bestechlichkeit verurteilt werden, drohen Netanyahu bis zu zehn Jahre Haft. Im Falle einer Verurteilung wegen Betrugs und Untreue wäre die Höchststrafe drei Jahre Gefängnis. Der Ministerpräsident bestreitet alle Vorwürfe und spricht von einem Putschversuch.
In Israel regiert seit rund einem Jahr ein Übergangskabinett mit Netanyahu an der Spitze. Das Parlament ist nur eingeschränkt handlungsfähig. Nach zwei Parlamentswahlen gelang 2019 wegen einer Pattsituation keine neue Regierungsbildung.