Strafmaßnahmen gegen Russland auf Eis EU setzt auf Gespräche statt Sanktionen
Diplomatie statt Sanktionen: Für die kommenden Tage ist das nach dem Willen der EU-Außenminister der Kurs in Umgang mit Russland. Erst soll das Vierer-Treffen in Minsk abgewartet werden. Außenminister Steinmeier warnte vor einer militärischen Eskalation, sollte die Friedensinitiative scheitern.
Es ist nicht das erste Mal, dass die EU in ihre Russland-Sanktionen eine "Zeitschaltuhr" einbaut. Neue Strafmaßnahmen sind zwar beschlossen, werden aber bis kommenden Montag hinausgezögert. "Das Inkrafttreten der Sanktionen werden wir von der Situation vor Ort abhängig machen. Wir werden bis kommenden Montag die Lage erneut prüfen", erklärte Frankreichs Außenminister Laurent Fabius.
Die EU will also der Diplomatie eine Chance geben - ohne den Druck auf Russland zu verringern. Sollte die deutsch-französische Friedensinitiative scheitern, landen ab Montag 19 Personen - Russen und Separatisten - sowie neun Unternehmen auf der berühmten "Schwarzen Liste". Wer darauf steht, darf nicht in die EU reisen und hier keine Bankkonten führen.
Außenminister sprechen von kleinen Fortschritten
Absoluten Vorrang haben allerdings derzeit die Friedensgespräche. "Die Dinge beginnen langsam, und ich betone, beginnen langsam in Bewegung zu kommen", sagte ein vorsichtiger Fabius in Brüssel.
Und auch sein deutscher Außenminister-Kollege Steinmeier wagte noch nicht, allzu viel Zuversicht zu versprühen, was den geplanten Friedensgipfel im weißrussischen Minsk am Mittwoch betrifft. "Ich hoffe, dass die offenen Punkte nach und nach gelöst werden können. Und ich kann nur versprechen, dass wir alles dafür tun, dass das Spitzengespräch in Minsk tatsächlich stattfindet und uns voran bringt bei der Entschärfung des Konfliktes."
Mehrheit der EU-Minister lehnt Waffenlieferungen ab
Auch wenn EU-Diplomaten zufolge niemand beim Außenminister-Treffen das Thema Waffen-Lieferungen an die Ukraine anzuschneiden wagte - die Diskussion darüber bildete so etwas wie die Begleitmusik für die Brüsseler Sitzung. "Die andere Seite überlegt ja nicht mehr, sie hat sich bereits entscheiden: Sie liefert schwere Waffen", konstatiert Litauens Außenminister Lincevicius. "Wir sollten der Ukraine helfen, auch militärisch. Nicht mit Soldaten, aber mit defensiven Waffen."
Frieden schaffen, auch mit Waffen, verlangt Litauens Außenminister also im Notfall. Und auch im US-Kongress mehren sich die Stimmen dafür. In Europa allerdings ist das noch eine Minderheiten-Position. "Mehr Waffen in der Region sind ein Brandbeschleuniger und würden zu einer weiteren Eskalation beitragen", meint der österreichische Außenminister Sebastian Kurz. "Wie auch immer der Mittwoch ausgeht, Waffenlieferungen können keine Option sein."
Steinmeier warnt vor Eskalation
Auch Deutschland und Frankreich lehnen Waffenlieferungen für die ukrainische Armee ab. Außenminister Steinmeier schickte am Nachmittag jedoch von Brüssel aus diese vielleicht auch an die Adresse Russlands gerichtete Warnung in die Welt: "Wenn die aktuellen Bemühungen keinen Erfolg haben, dann wird der Konflikt militärisch eskalieren", warnte Steinmeier. "Und dann wird sicherlich auch hier in Europa die Frage von Waffenlieferungen diskutiert werden."
Vorerst aber legt die EU alle Hoffnungen auf die Diplomatie und neue Sanktionen auf Eis. Die geplante Ausweitung der Namensliste sei aber ohnehin nicht viel mehr als Kosmetik, meinen Beobachter. Wenn sie Russland Schmerzen zufügen wolle, müsste die EU die Wirtschaftssanktionen verschärfen. Theoretisch könnten die Staats- und Regierungschefs das bei ihrem Gipfel am Donnerstag bereits in die Wege leiten.