Anhörung vor dem EU-Parlament Schlagfertiger Oettinger besteht mündliche Prüfung
Schlagfertig und angriffslustig hat der designierte EU-Energiekommissar Oettinger seine Befragung vor dem Europaparlament bestanden. Nach der Anhörung gab es sogar Applaus vom politischen Gegner. Zuvor hatten die Abgeordneten viele Fragen zu Oettingers Nähe zu den Energiekonzernen gestellt.
Von Martin Bohne, MDR-Hörfunkstudio Brüssel
Mündliche Prüfung bestanden - so das Resumee des Europaabgeordneten Norbert Glante. Und Glante gehört als SPD-Energieexperte gewiss nicht zum Fanclub des Günther Oettinger: "Also ich war überrascht. Er hat sich sehr wacker geschlagen. Er war nicht unbedingt der Visionäre, aber er war sehr gut vorbereitet. Er hat im Gegensatz zu anderen Kollegen auch nicht allzu sehr geblättert - also das Fachwissen saß."
Drei Stunden stand Oettinger am Vormittag im Kreuzverhör der Abgeordneten. Viele kritische und unangenehme Fragen musste sich der Kandidat für den Posten des Energiekommissars dabei anhören. Er sei ja ein Befürworter von Kern- und Kohlekraftwerken, ein an engen Landes- und nationalen Interessen ausgerichteter Politiker.
Oettinger parierte mit einem klaren Bekenntnis zur grünen Energiewende und zu mehr Europa in der Energiepolitik: "Ich bin nicht der deutsche Kommissar, ich bin der von Deutschland vorgeschlagene Kommissar, mit einer europäischen Verpflichtung. Ich kenne die deutsche Struktur besonders gut, die bringe ich ein, aber ich habe nicht die Absicht, Partei für die deutsche Struktur zu sein."
Bekenntnis zu EU-Klimaschutzzielen
Mit seiner Anwort auf die Kritik, er sei zu eng mit den Bossen der großen Energiekonzerne verbunden, etwa mit RWE-Chef Großmann, hatte er sogar die Lacher auf seiner Seite: "Trauen Sie mir die notwendige Unabhängigkeit und Objektivität bitte zu. Ich habe mit Herrn Großman einmal Skat gespielt. Es war ein Benefizturnier mit 80 Teilnehmern. Und er hat ordentlich verloren und einen Beitrag geleistet..."
Mit seinem Bekenntnis zu den EU-Klimaschutzzielen, zu mehr Energieeffizienz und erneuerbaren Energien hat sich Oettinger sogar die Anerkennung der Grünen im Parlament gesichert: "Ich gehe mit der Haltung aus der Anhörung raus, da ist einer, der macht hier nicht einfach Atompolitik mit anderen Mitteln – der will hier ein neues Buch aufschlagen. Okay, zu dem Schritt ins Grüne kann ich ihn nur einladen", sagte Reinhard Bütikofer, stellvertretender Fraktionschef der Grünen im Europäischen Parlament.
"Absolut überzeugend"
Jorgo Chatzimarkakis, der Energieexperte der Liberalen, verglich den Auftritt Oettingers mit denen der anderen Kommissarskandidaten, die sich bereits den Anhörungen stellen mussten: "Das war absolut überzeugend und wirklich überraschend gut. Er steht im oberen Drittel aller Kommissare und das ist schon gut." Und sogar ganz oben, meinte der Liberale, wenn man nur die Kandidaten nimmt, die sich erstmals um einen Posten in der Kommission bewerben.
Bei so viel Lob über die Parteigrenzen hinweg wundert es nicht, dass die Parteifreunde des Noch-Ministerpräsidenten von Baden-Württemberg das Gerede von einem schwachen Kandidaten Oettinger als erledigt betrachten: "Das haben manche Menschen vorgetragen. Aber wer heute im Saal war, hat gemerkt, dass er es nicht ist. Und ich bin sicher, er wird in der praktischen Arbeit Spuren hinterlassen. Er ist ein Machertyp, einer der gestalten kann. Er wird Spuren hinterlassen, da bin ich mir sicher", meinte Herbert Reul, CDU und Vorsitzender des Industrieausschusses im Europäischen Parlament.
Und Günther Oettinger selbst? Beim obligatorischen "Press point" nach der Anhörung sagte er: "I am glad to be here in this dossier and I am sure the parliament is with me. We have all chances to bring energy on a good way", was auf Deutsch so viel heißt wie: "Ich bin glücklich, hier in diesem Dossier zu sein und ich bin sicher, das Parlament ist mit mir und wir haben alle Chancen, die Energie auf einen guten Weg zu bringen."
Und das Englisch hoffentlich auch.