"PanamaPapers"-Enthüllungen Nun spricht die Quelle
Über die Quelle für die "PanamaPapers" wurde schon viel spekuliert: Wer steht hinter dem größten bislang bekannten Datenleak? Die Quelle meldet sich jetzt, einen Monat nach dem Beginn der Veröffentlichungen, mit einer eindringlichen Erklärung zu Wort.
Wer auch immer er oder sie ist - die Quelle der "PanamaPapers" will auch künftig anonym bleiben. Über ihre Beweggründe und ihre Sicht auf die Dinge aber teilt sich die Quelle nun mit. Es ist eine Art Abrechnung mit der Politik, dem wirtschaftlichen System und der Gesellschaft. In der vierseitigen Erklärung, die dem NDR vorliegt und der "Süddeutschen Zeitung" übermittelt wurde, erklärt sich die Quelle grundsätzlich zur Zusammenarbeit mit den Steuerbehörden bereit - "im Rahmen meiner Möglichkeiten". Was das genau bedeutet, bleibt in dem Text allerdings unklar.
Die Quelle beklagt, dass das Leben von vielen Whistleblowern zerstört worden sei, nachdem sie Vorgänge öffentlich gemacht hatten. Edward Snowden, gegen den die USA einen Haftbefehl erlassen haben, oder Antoine Deltour, der sich in diesen Tagen in Luxemburg wegen der Luxleaks-Dokumente vor Gericht verantworten muss, verdienten Immunität vor dem Gesetz. "Solange Regierungen keinen Rechtsschutz für Whistleblower garantieren, sind Strafverfolgungsbehörden weiterhin abhängig von ihren eigenen Informationsquellen oder von medialer Berichterstattung, um an entsprechende Dokumente zu gelangen", mahnt die Quelle.
Keine Daten an Steuerbehörden weitergegeben
Viele Steuerbehörden weltweit hatten sich um die Daten der "PanamaPapers" bemüht. Es ging dabei um über 11,5 Millionen Dokumente der Rechtsanwaltskanzlei Mossack Fonseca in Panama. Weder das Internationale Konsortium investigativer Journalisten (ICIJ), das die Recherche koordiniert hatte, noch die internationalen Partnermedien hatten die Daten an Behörden abgegeben.
Wenn die Strafverfolgungsbehörden an die Dokumente der "PanamaPapers" gelangten, könnte das nach Einschätzung der Quelle Tausende von Anklagen nach sich ziehen. Denn auch wenn Briefkastenfirmen nicht per Definition illegal seien, dienten sie dazu, eine Bandbreite von Verbrechen zu begehen, die weitaus schlimmer seien als Steuerhinterziehung, heißt es in der Erklärung.
Kanzlei hat "wissentlich unzählige Gesetze gebrochen"
Die Motivation für ihr Handeln begründet die Quelle damit, dass die Gründer von Mossack Fonseca, die Angestellten und deren Kunden zur Rechenschaft gezogen werden sollten. Sie hätten "wissentlich unzählige Gesetze gebrochen, weltweit und wiederholt." Die Kanzlei in Panama sei mehr als ein Rädchen im Getriebe der Vermögensverwaltung. Sie nutze ihren Einfluss, um weltweit Gesetze zu diktieren und so über Jahrzehnte hinweg die Interessen von Kriminellen durchzusetzen, schreibt die Quelle. Die Dokumente liefern viele Hinweise auf ein solches Handeln. Mossack Fonseca hatte dies aber stets bestritten.
Kampf gegen Ungleichheit als Motivation
Die gegenwärtige Debatte gibt aus Sicht der Quelle aber auch Anlass zur Hoffnung. 50 Jahre lang hätten Exekutive, Legislative und Judikative weltweit im Umgang mit Steueroasen, die sich wie "Metastasen auf dem Globus" ausbreiteten, kläglich versagt, jetzt sei das Thema endlich zum Thema geworden. Die Höflichkeitsrhetorik der vergangenen Jahre sei passé. Die Kluft zwischen Arm und Reich sei "eines der wichtigsten Themen unserer Zeit", heißt es in der Erklärung. Und in den "PanamaPapers" werde offenkundig, dass der Grund für die Ungleichheit in der "massiven, alltäglichen Korruption" liege.
Die Quelle stellt ein Reihe von politischen Forderungen auf, darunter ein frei zugängliches Firmenregister eines jeden EU-Mitgliedsstaats. Die EU sollte dafür sorgen, dass darin die letztendlich wirtschaftlich Berechtigten benannt seien.
Jede Spekulation über sie selbst will die Quelle nun beenden: "Ich arbeite nicht für irgendeine Regierung oder irgendeinen Geheimdienst, und habe dies auch nie getan." Sie vertrete allein und einzig ihre eigene Meinung. Dies sei auch nicht zu einem politischen Zweck geschehen, sondern weil sie beim Anblick der Dokumente begriffen habe, wie "ungeheuerlich" ihr Inhalt sei.
Mehrere Medien lehnten Material ab
Einige Medien, denen die Quelle offenbar einen Teil der Dokumente vorgelegt hatte, hätten die Brisanz des Materials dagegen nicht erkannt. "Die traurige Wahrheit ist“, erklärt die Quelle, "dass einige der prominentesten Medienorganisationen der Welt nicht daran interessiert waren, über diese Geschichte zu berichten". Sogar WikiLeaks habe wiederholt nicht auf Nachrichten reagiert. Inzwischen liegt der Beginn der Veröffentlichung über die "PanamaPapers" genau vier Wochen zurück. Seitdem hat es zahlreiche Rücktritte, Razzien und Konsequenzen aus der Berichterstattung gegeben.