Nach den "Paradise Papers" Merkur-Spiele verschwinden aus dem Netz
Das deutsche Glücksspiel-Unternehmen Gauselmann hat über Lizenzgebühren an illegalen Online-Casinos mitverdient. Das enthüllten die "Paradise Papers" vor wenigen Tagen. Nun will der Konzern sich aus dem Markt zurückziehen. In der Branche rumort es gewaltig.
Der Glücksspiel-Konzern Gauselmann hat alle Online-Casinos aufgefordert, seine Spiele nicht mehr ohne Lizenz auf dem deutschen Markt anzubieten. Das bestätigte ein Sprecher des Unternehmens dem NDR, WDR und der "Süddeutschen Zeitung". Die Gauselmann Gruppe ist eines der größten Glücksspiel-Unternehmen in Deutschland. Sie betreibt die Merkur-Spielhallen und verkauft Online-Casinoanbietern ihre Spiele zur Nutzung über eine Lizenz. Recherchen der "Paradise Papers" hatten aufgedeckt, dass Lizenznehmer Merkur-Spiele auf dem deutschen Markt anbieten. Die Gauselmann Gruppe verdiente somit über die Lizenzen an dem Geschäft mit. Online-Glücksspiel ist in Deutschland allerdings weitgehend verboten.
Das Unternehmen beschloss demnach "im Hinblick auf die rechtlich zulässigen Online-Aktivitäten der Unternehmensgruppe bei Ihren Lizenznehmern erneut auf die geltende Rechtslage hinzuweisen sowie auf deren Einhaltung hinzuwirken".
Die Gauselmann Gruppe begründet ihre Entscheidung mit einem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts von Ende Oktober (Az. BVerwG 8 C 14.16 und 8 C 18.16), das das Online-Casino-Verbot in Deutschland erneut bestätigt hatte. Mit den Veröffentlichungen der "Paradise Papers" habe die Entscheidung des Unternehmens angeblich nichts zu tun. Die schriftliche Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts liegt indes bislang nicht vor; was sie genau beinhaltet ist unklar.
Abschaltung von Online-Casinos
Man habe Lizenznehmer von Glücksspielen aus dem Hause Gauselmann aufgefordert, die Spiele nicht mehr "Endkonsumenten in der Bundesrepublik Deutschland" anzubieten. "Sofern Kunden (…) dieser Aufforderung nicht nachkommen, erfolgt hinsichtlich des Lizenzgebietes der Bundesrepublik Deutschland die Kündigung des jeweiligen Lizenzvertrages und - sofern rechtlich und technisch möglich - auch die Abschaltung des Spielangebots", erklärte ein Sprecher.
NDR, WDR und SZ hatten im Rahmen der "Paradise Papers" berichtet, wie die Gauselmann Gruppe mithilfe einer Tochterfirma auf der Isle of Man, der Alliance Gaming Solutions, auch mit aus deutscher Sicht illegalen Casinos Geschäfte macht. In einigen Fällen werden Gauselmann-Spiele von der Firma quasi vermietet; in anderen Fällen hat die Alliance Gaming Solutions Kunden komplette Online-Casinos bereitgestellt. Dazu gehören auch Computer-Infrastruktur und Internetauftritt.
Von Personen, die mit den Vorgängen vertraut sind, heißt es, dass Gauselmann den betroffenen Kunden eine sehr kurze Frist gesetzt habe. Wer danach noch Merkur-Spiele im deutschen Markt anbietet, dem droht Gauselmann demnach mit Lizenzentzug.
Angst in der Branche
Aus Branchenkreisen ist zu hören, dass die Entscheidung für einige Casino-Anbieter verheerende Auswirkungen haben könnte. Bei manchen Betreibern herrsche "blanke Angst", die Branche sei "in Aufruhr" wegen des Vorgehens der Gauselmann Gruppe. Ein Rückzug von Gauselmann aus dem deutschen Online-Casino-Markt ist für einige der illegalen Seiten mutmaßlich existenzbedrohend, da sie ausschließlich oder fast ausschließlich Gauselmann-Spiele für eine deutsche Zielgruppe anbieten.
Darunter fällt wohl auch die Casino-Seite "Stake7", über die NDR, WDR und SZ im Rahmen der "Paradise Papers" ausführlich berichtet hatten. "Stake7" bietet von der Isle of Man aus Gauselmann-Spiele in Deutschland an, obwohl die Seite hierzulande über keine Lizenz verfügt. Zudem ist das Angebot nach Auffassung mehrerer Juristen, mit denen Reporter von NDR, WDR und SZ sprachen, illegal.
Bereits in den vergangenen Tagen hat das Casino seinen Online-Auftritt verändert. "Stake7" wirbt jetzt nicht mehr mit dem Slogan "Made in Germany". Noch nicht verschwunden ist allerdings die Werbung für etwa 135 Spiele aus dem Hause Gauselmann. "Stake7" hat auf mehrere Anfragen nicht reagiert.
Signalwirkung für andere Anbieter
Guido Lenné, Anwalt für Banken- und Internetrecht, wünscht sich, dass weitere Glücksspiel-Anbieter Gauselmanns Beispiel folgen. Allerdings reiche die Entscheidung des Unternehmens nicht, um Spieler effektiv zu schützen. Er sieht die Banken in der Pflicht, da sie die Ein- und Auszahlungen online erst möglich machen. "Um den Spielerschutz ernsthaft durchzusetzen, wäre es wichtig, dass man die Zahlungflüsse blockiert und so kein Geld mehr in die illegalen Geschäfte fließen kann." Er befürchtet, dass ausländische Anbieter die Lücke füllen werden, die Gauselmann hinterlässt.
Die Gauselmann-Entscheidung wird, so ist aus Branchenkreisen zu hören, als richtungsweisend im Umgang mit Online-Casinos in Deutschland wahrgenommen. Auch andere Anbieter, die in Deutschland neben Sportwetten ebenfalls hierzulande illegale Casino-Angebote betreiben, fürchten dem Vernehmen nach nun juristische Folgen.
Das könnte für die Betreiber vor allem dann zum Problem werden, wenn sie sich im Ausland um Lizenzen bemühen. In vielen Ländern gilt die Regel, dass keine Lizenz erteilt wird, wenn ein Anbieter irgendwo auf der Welt negativ durch illegale Angebote aufgefallen ist. Vor allem die USA gelten in dieser Hinsicht als streng.