Polen Unterhaus lehnt Lockerung des Abtreibungsrechts ab
Sie gelten als die strengsten Abtreibungsgesetze Europas. Die neue Tusk-Regierung will die Regelungen in Polen eigentlich liberalisieren. Doch bei der Abstimmung des ersten Gesetzentwurfes im Unterhaus fehlte die Mehrheit.
Das Abtreibungsrecht in Polen wird vorerst nicht gelockert. Das Unterhaus hat einen Gesetzentwurf abgelehnt, der eine Entkriminalisierung der Beihilfe zur Abtreibung vorsah. Gegen den Entwurf stimmten 218 Abgeordnete, 215 sprachen sich dafür aus. Es ist der erste von insgesamt vier Gesetzentwürfen zur Liberalisierung des Abtreibungsrechts in Polen.
Unter den Abgeordneten, die den Entwurf ablehnten, waren auch Parlamentarier des Regierungslagers. Die Abstimmung zeigt damit die tiefe Spaltung der liberal-konservativen Regierungskoalition unter Ministerpräsident Donald Tusk. Die neue Regierung hatte sich zum Ziel gesetzt, mehrere von der im Dezember abgelösten PiS-Partei eingeführten Gesetze rückgängig zu machen.
Das Abtreibungsrecht in Polen ist derzeit eines der strengsten in Europa. Ein Schwangerschaftsabbruch ist nur nach einer Vergewaltigung oder Inzest erlaubt - oder wenn das Leben der Schwangeren in Gefahr ist. Weist das ungeborene Kind schwere Fehlbildungen auf, dürfen Frauen keinen Abbruch vornehmen.
Die Abtreibung selbst wird zwar nicht strafrechtlich geahndet. Aber für die Beihilfe dazu drohen bis zu drei Jahre Gefängnis. Dies kann auch Ehemänner, Partner oder Verwandte treffen, die einer Schwangeren Tabletten zur Abtreibung besorgen.
Vorstoß des Linksbündnisses
Der Vorstoß, die Beihilfe zur Abtreibung künftig straffrei zu machen, kam von dem Linksbündnis Lewica, das Teil von Tusks Koalitionsregierung ist. Ein weiterer Koalitionspartner machte dem Linksbündnis nun einen Strich durch die Rechnung: 24 Abgeordnete des christlich-konservativen Dritten Wegs stimmten dagegen, darunter auch Verteidigungsminister Wladyslaw Koszyniak-Kamysz. Zwei Abgeordnete aus Tusks eigener Partei, der liberalkonservativen Bürgerkoalition, enthielten sich.
Frauenorganisation spricht von Ohrfeige für jede Frau
Die Frauenorganisation Federa sprach von einer Ohrfeige für jede Frau. "Ärzte werden sich weiterhin hinter der Angst verstecken können, sich strafbar zu machen, wenn sie ihren Patientinnen helfen. Familien und Freunde werden weiterhin ihre Freiheit riskieren, wenn sie ihren Angehörigen helfen", hieß es in einer Erklärung.