Franziskus in Polen Der unverstandene Papst
Eigentlich ist ein Papst im katholischen Polen so etwas wie ein Popstar. Bei Franziskus verhält es sich jedoch anders. Viele Polen hadern mit seinen relativ liberalen Ansichten. Franziskus' Besuch in Polen wird also kein einfacher sein.
Für die meisten Katholiken in Polen scheint der Fall ganz klar zu sein: Es kann nur einen Papst geben. Gemeint ist damit Johannes Paul II. Sein Porträt und nicht das von Franziskus prägt dementsprechend überall das Straßenbild - ganz so, als würde Karol Wojtyla Krakau besuchen und nicht etwa der aktuelle Pontifex.
In Polen gibt es eine deutlich spürbare Distanz zu Papst Franziskus. Angesichts einer äußerst konservativen Haltung in Polen dürfe das auch niemanden wundern, so der leitende Redakteur der katholischen Zeitschrift "Tygodnik Powrzechny", Artur Sporniak: "Es gibt eine aktive und engagierte Kirche in Polen. Dazu gehören etwa zehn Prozent der Gläubigen. Diese Gruppe der Katholiken hört Franziskus aufmerksam zu. Denn er hat tatsächlich eine konkrete Vorstellung, wie man die Kirche beleben könnte."
Doch ein Großteil der Katholiken habe damit in Polen Schwierigkeiten, sagt Sporniak. "Wir haben versucht herauszufinden, wie der Papst in diesem Zusammenhang auf polnische Priester wirkt. Die Ergebnisse sind verheerend. Unser Fazit lautet: Die polnischen Priester haben Angst vor Franziskus, sie verstehen ihn nicht."
Franziskus polarisiert die Polen
Der neue Papst sei vielen Polen schlicht und ergreifend nicht konservativ genug - ganz im Gegensatz zu seinem unmittelbaren Vorgänger Benedikt XVI. und zu Johannes Paul II., konstatiert Sporniak. Mit seinen - zumindest nach außen hin - sehr liberal wirkenden Ansichten und seiner besonderen Art der Amtsführung polarisiere Franziskus die polnischen Katholiken.
"Er ist für die polnischen Priester ein schwieriger Vorgesetzter. Vor allem weil die Seelsorge in Polen sehr traditionell, sehr auf die Pfarrgemeinde bezogen ist." Aus dem Blickwinkel des Argentiniers Franziskus sage sich sehr leicht, "verlasst die Kirchenmauern, macht die Kirche zu einem Feldkrankenhaus. Wenn jemand aber in Polen jahrelang die traditionelle Seelsorge betrieben hat, dann erfüllt ihn die Perspektive, darauf verzichten zu müssen, mit Angst, dass alles zerfallen könnte."
Weltjugendtag: Mega-Event und Politikum
Gleichwohl sind der Weltjugendtag und die damit einhergehende Papstvisite für die meisten Polen ein Mega-Event. Aber eben auch ein Politikum. In diesem Zusammenhang spekulieren polnische Medien darüber, welche Themen Franziskus in seinen Reden ansprechen dürfte.
Die liberale Tageszeitung "Gazeta Wyborcza" hofft, dass der Papst Regierungspolitikern in Polen vor allem wegen ihrer restriktiven Haltung gegenüber den Flüchtlingen mehr oder weniger direkt die Leviten liest. Was nur richtig wäre, meint Chefredakteur Adam Michnik: "Papst Franziskus überrascht mich äußerst positiv. Er belebt die christliche Botschaft. Das ist sehr wertvoll." Auch wenn Franziskus mit etwas nicht einverstanden sei, gebe es keine Hasssprache, sagt Michnik. "Hier in Polen ist das anders. Hier gibt es vor allem Hassparolen."
Dass der Papst an den in Polen herrschenden Vorbehalten Flüchtlingen oder Homosexuellen gegenüber etwas ändern könnte, erwartet jedoch so gut wie niemand. Dennoch: Die Vorstellung, dass Franziskus gerade in Sachen Toleranz klar Position beziehen dürfte, bereitet sowohl in Teilen der polnischen Kurie als auch innerhalb der Warschauer Regierung manch einem gewaltige Kopfschmerzen.