Französische Minister informieren EU-Kommission Darf Frankreich Roma massenweise ausweisen?
Seit Jahresbeginn hat Frankreich rund 8000 Roma nach Rumänien und Bulgarien zurückgeschickt. Mehrere französische Minister wollen heute in Brüssel die EU-Kommission überzeugen, dass dabei alles mit rechten Dingen zuging. Bei der EU gibt es da erhebliche Zweifel.
Von Martin Bohne, MDR-Hörfunkstudio Brüssel
Jeder EU-Bürger darf in jedes andere EU-Land reisen und sich dort niederlassen. Dieses Recht gehört zu den Grundlagen der Europäischen Union, sagt Matthew Newman, einer der Sprecher der EU-Kommission: "Die Bewegungsfreiheit für Personen ist eine Stütze dessen, wofür die EU steht. Es ist eines der Grundrechte der EU-Bürger."
Derzeit profitieren etwa elf Millionen Europäer davon und leben in einem anderem als ihrem Heimatland. Und diese Rechte gelten, so der Kommissionssprecher, natürlich auch für Roma, wenn sie aus einem EU-Land wie Rumänien oder Bulgarien kommen. Allerdings ist diese Freiheit nur in den ersten drei Monaten eines Aufenthalts an keinerlei Bedingungen geknüpft. Danach kann der Aufnahmestaat von einem Neuankömmling den Nachweis verlangen, dass er arbeitet oder anderweitig über genügend finanzielle Mittel verfügt. Auch eine Krankenversicherung muss vorliegen.
Keine Last für Sozialsysteme
"Man muss also nachweisen", so Kommissionssprecher Newman, "dass man dem Sozialsystem des Landes nicht zur Last fällt." Personen, die diesen Anforderungen nicht gerecht werden, können also in der Tat des Landes verwiesen werden. Das ist außerdem möglich, wenn der Betreffende mit dem Gesetz in Konflikt geraten ist oder wenn die Volksgesundheit gefährdet ist.
Theoretisch kann Frankreich also Roma, die ja zum großen Teil aus Bulgarien und Rumänien kommen - also EU-Bürger sind - in ihre Heimatländer zurückschicken. Aber, schränkt Kommissionssprecher Newmann ein, solche Abschiebungen seien wirklich nur in Ausnahmefällen anzuwenden. "Und das kann kein Automatismus sein, wo man von einem Tag zum anderen aufgefordert wird, zu verschwinden."
Schwieriger Nachweis der Rechtmäßigkeit
Und so dürften die französischen Minister, die heute in Brüssel mit der EU-Kommission zusammen treffen, einige Schwierigkeiten mit dem Nachweis haben, dass die Gruppenabschiebungen von Roma im Einklang mit dem EU-Recht stehen. Denn das einschlägige EU-Gesetz schreibt unmissverständlich vor, dass eine Einzelfallprüfung vorgenommen werden muss. Sippenhaft ist ausgeschlossen.
Dem betreffenden EU-Bürger muss präzise nachgewiesen werden, warum er eine Gefährdung darstellt. Außerdem müssen die individuellen Lebensumstände wie Alter, Gesundheitszustand, Familienverhältnisse Berücksichtigung finden. Den Betroffenen müssen die Gründe für die Ausweisung detailliert und schriftlich mitgeteilt werden. Und sie müssen die Möglichkeit haben, gegen die Entscheidung zu klagen. Auch müssen sie - außer in Notfällen - mindestens einen Monat bis zum Verlassen des Landes Zeit bekommen.