Umweltkatastrophe in Brasilien Milliarden-Schadenersatz nach Schlammlawine
Nach der vermutlich größten Umweltkatastrophe in der Geschichte Brasiliens - dem Dammbruch an einer Erzmine im November 2015 - haben sich die Betreiber zu Schadenersatzzahlungen in Milliardenhöhe bereit erklärt. Durch die Schlammlawine am Rio Doce waren mindestens 17 Menschen gestorben.
Von Jörg Paas, ARD-Studio Südamerika
Präsidentin Rousseff sprach von einem historischen Abkommen.
"Wir wollen neues Leben ermöglichen auf den Trümmern einer beispiellosen Tragödie", sagte Brasiliens Staatspräsidentin Dilma Rousseff, als der Wortlaut der Vereinbarung mit den Eignern der Eisenerzmine Samarco feststand. Umgerechnet 4,7 Milliarden Euro sollen das brasilianische Bergbau-Unternehmen Vale und der britisch-australische Minenkonzern BHP Billiton im Lauf der nächsten rund 15 Jahre zahlen - für Schadenersatz und Reparaturarbeiten nach der vermutlich größten Umweltkatastrophe in der Geschichte Brasiliens.
Dass selbst nach der Unterzeichnung noch unterschiedliche und zum Teil deutlich niedrigere Summen kursierten, erklärte ein Regierungssprecher mit unterschiedlichen Bedarfsschätzungen, die in der Zukunft womöglich noch angepasst werden müssten. Ein Limit nach oben soll es allerdings nach den Worten von Rousseff nicht geben: "Ziel ist die vollständige Wiederherstellung der sozialen und wirtschaftlichen Lebensverhältnisse und die Behebung der Umweltschäden, und zwar ohne finanzielle Begrenzung."
Mit Geld nicht wiedergutzumachen
Zumindest ein Teil der Schäden und Verluste, um die es geht, wird allerdings mit Geld ohnehin nicht wiedergutzumachen sein. Als am 5. November letzten Jahres zwei Staudämme eines Rückhaltebeckens der Eisenerzmine Samarco brachen, ergoss sich eine Schlammlawine in den Fluss Rio Doce. Mindestens 17 Menschen starben, zwei gelten noch immer als vermisst. Ein ganzes Dorf wurde unter dem Schlamm begraben.
Der Rio Doce fließt von den Mittelgebirgen in Minas Gerais bis in den Atlantik und ist seither über Hunderte Kilometer verschmutzt und verseucht. Sein Wasser ist - auch fast vier Monate nach dem Dammbruch - noch immer von rötlicher Klärschlacke gefärbt. Tonnenweise wurden in den letzten Monaten tote Fische ans Ufer gespült.
Die Minenbetreiber haben inzwischen mit großem Aufwand eine Werbekampagne gestartet. Mit Musik unterlegt, erzählen Mitarbeiter von Samarco, wie vorbildlich sich das Unternehmen nach dem Dammbruch verhalten habe. Etliche Betroffene seien umgesiedelt worden, das Grundwasser in der Region sei wieder trinkbar.
Zweifel bleiben - und der Verdacht der Vertuschung
Doch nicht alle glauben diesen Beteuerungen. Luciano Cabral vom Umweltamt der Stadt Linhares am Unterlauf des Rio Doce ist zumindest verunsichert: "Was uns aufgefallen ist, sind die hohen Werte von Arsen und Blei. Aber ob diese Schwermetalle aus dem Klärschlamm stammen, oder ob sie später anderswo in den Fluss eingeleitet wurden, können wir nicht sagen.“
Die ermittelnde Staatsanwaltschaft fand in den letzten Wochen deutliche Worte für die Verantwortlichen von Samarco. Sie sprach von einem Umweltverbrechen und geht weiterhin dem Verdacht nach, wonach die Minenbetreiber schon längere Zeit vor dem Unglück wussten, dass die Dämme nicht sicher waren, entsprechende Hinweise aber vertuschten.