EU-Finanzminister Brüssels sehr eigenwilliger Kampf gegen Steueroasen
Die EU-Finanzminister haben sich auf das Stopfen weiterer Steuerschlupflöcher für Großkonzerne geeinigt. Bei der geplanten EU-Liste für Steueroasen gab es allerdings nur kleine Fortschritte - und einen ziemlich merkwürdigen Haken, der die Kritiker auf den Plan ruft.
Es gibt Steuervermeidungstricks, die sind selbst Wolfgang Schäuble zu hoch. Die sogenannten "Hybrid Mismatches" zum Beispiel. Im Kern geht es darum, dass Unternehmen, die international tätig sind und Tochterfirmen haben, bestimmte Einnahmen zwischen zwei Ländern so geschickt verteilen, dass sie am Ende kaum oder sogar gar keine Abgaben darauf zahlen.
Den Ländern gehen - ganz legal - Milliarden verloren
Weil solche Finanzströme in den jeweiligen Ländern zum Teil sehr unterschiedlich behandelt werden - durchaus mit Absicht übrigens -, nennt man das Steuerwettbewerb. Was in der Realität allerdings zu etwas so Absurdem führen kann wie der "doppelten Nicht-Besteuerung", erklärt Maltas Finanzminister Edward Scicluna. Also null Steuern in einem Land, und null Steuern im anderen. Den nationalen Steuerbehörden gehen dadurch jedes Jahr Milliarden verloren - und zwar bisher völlig legal.
Ab Januar 2020 allerdings nicht mehr. Bis dahin nämlich soll dieses Steuerschlupfloch geschlossen werden, darauf haben sich die EU-Finanzminister nun geeinigt. Bundesfinanzminister Schäuble zeigte sich zufrieden: "Wir schließen damit weitere Steuerschlupflöcher, insbesondere die, die dazu führen, dass man in beiden betroffenen Ländern überhaupt keine Steuern bezahlt. Das wollen wir ja verhindern." Sondern durch die Neuregelung dafür sorgen, dass Konzerne Gewinne dort versteuern, wo sie gemacht werden.
Steueroase? Reine Definitionssache
Innerhalb der EU wurde das Verbot schon auf den Weg gebracht, nun soll es auch für Drittstaaten außerhalb der EU gelten. Ausnahmen wird es für Banken und Händler an Finanzmärkten geben. Allerdings soll die EU-Kommission ein Auge darauf haben, ob diese Ausnahmen zu Missbrauch führen.
Doch wie viel die Einigung wert ist, bleibt abzuwarten. Denn in einem anderen Bereich scheint es die EU mit dem Problem der "Null-Besteuerung" nicht so genau zu nehmen: Bei Steueroasen nämlich. Die sollen bald in einer EU-weiten Schwarzen Liste vermerkt werden, um sie besonders streng zu kontrollieren und gegebenenfalls Gegenmaßnahmen einzuleiten.
Wofür man als Land von der EU zur Steueroase erklärt wird, sollen Experten bis Herbst 2017 klären. Einfach gar keine Unternehmenssteuern zu erheben, reicht interessanterweise aber nicht aus, so Maltas Finanzminister Scicluna. "Es gab von einigen EU-Ländern Widerstand dagegen, dass 'Null-Besteuerung' allein schon ausreicht, um als Steueroase zu gelten. Deswegen haben wir uns davon verabschiedet."
"Das Papier nicht wert"
Für Sven Giegold, den Finanzexperten der Grünen im Europaparlament, ist die Schwarze Liste für Steueroasen damit jetzt schon "das Papier nicht wert, auf dem sie geschrieben steht". Die wirklich problematischen Steueroasen würden damit am Ende auf der Liste fehlen.
Grünen-Finanzexperte Sven Giegold: "Das Papier nicht wert, auf dem es steht."
Eine Kritik, die Giegold ausnahmsweise mit dem CDU-Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble teilt: Die Rechnung, "Null-Steuern" seien ja irgendwie auch Steuern, werde er nicht gelten lassen. Zeit für Änderungen der Kriterien ist allerdings noch: Die Steueroasen-Liste der EU soll erst im Herbst 2017 fertig sein.