Tajani-Porträt Redegewandt und bestens vernetzt
Er gilt als umgänglich und eng vernetzt in der EU: Der neue EU-Parlamentspräsident Antonio Tajani verspricht, ein Präsident für alle Abgeordneten zu sein. Doch er ist auch umstritten - unter anderem wegen seiner Nähe zu Italiens Ex-Ministerpräsident Berlusconi.
Eng verdrahtet mit der Kommission
Tajani kennt sich bestens aus im Europaparlament und soll gut mit Abgeordneten vernetzt sein. Immerhin ist er bereits seit 1994 Mitglied des Parlaments. Aber auch mit der EU-Kommission soll der Italiener eng verdrahtet sein. Von 2008 bis 2014 war er selbst Kommissar, zunächst zuständig für Verkehr, dann für Industriepolitik. Kritiker werfen Tajani vor, er habe von den Abgasmanipulationen der Autokonzerne gewusst, aber nichts getan. Tajani kommentiert das nicht. Er konzentriert sich ganz auf seine neue Rollen als Parlamentspräsident. Und präsentiert sich als überzeugter Europäer. "Ich glaube an Europa, aber wir müssen uns auch ändern", sagte Tajani.
Er verspricht ein Parlamentspräsident für alle Abgeordneten zu sein, und nicht nur für diejenigen, die zur gleichen politischen Familien gehören. "Wir brauchen ein starkes Parlament und einen guten Präsidenten", sagte Tajani vor der Wahl.
Geräuschloser als Schulz?
Ob Tajani ein guter Präsident ist, wird sich zeigen. Er könnte ein geräuschloserer und weniger renitenter Parlamentschef werden als sein Vorgänger Martin Schulz. Die EU-Kommission und die Staats- und Regierungschef müssen keinen Aufstand fürchten, denn Tajani hat wissen lassen, dass er kein starker und politischer, sondern ein solider und ausgleichender Präsident sein will, der sich als Sprecher der Mehrheitsmeinung im Parlament versteht.
Gratulation von Vorgänger Martin Schulz: Antonio Tajani (li.) will ein Parlamentspräsident für alle Abgeordneten sein.
Eines verbindet Schulz und Tajani dann doch: ihre Mehrsprachigkeit. Der Italiener Tajani spricht Spanisch und Französisch, wenn auch mit einem rustikalen Einschlag. Mit dem Englischen tut er sich ein wenig schwer. Es klingt nicht wie seine Lieblingssprache. Aber Sprachen wird der neue Parlamentspräsident brauchen, wenn er Staats- und Regierungschefs und internationale Gäste trifft. Ein bisschen Übung darin hat Tajani schon, denn er ist seit 2014 der Vize-Präsident des Europaparlaments. Jetzt ist er der neue Präsident.
Enger Wegbegleiter Berlusconis
Seine politische Karriere begann Tajani, der Jura studiert und anschließend einige Jahre als Journalist gearbeitet hat, an der Seite des ehemaligen italienischen Regierungschefs Silvio Berlusconi. Vor allem Grüne und Linke sind der Meinung, ein enger Wegbegleiter Berlusconis sollte nicht an der Spitze des Europaparlaments stehen. Nun aber steht er dort und seine Amtszeit geht bis zur nächsten Europawahl Mitte 2019. Genug Zeit, um Kritiker vom Gegenteil zu überzeugen.