Erinnerung an Massaker-Opfer Hongkong trotzt dem Versammlungsverbot
31 Jahre nach dem Tiananmen-Massaker in Peking haben in Hongkong Tausende der Opfer von damals gedacht. Trotz eines Versammlungsverbots - das offiziell wegen der Corona-Pandemie verhängt worden war.
Stille Erinnerung an die Toten und Verletzten von 1989 mischte sich in Hongkong mit lautem Protest gegen die wachsende Einflussnahme der chinesischen Staatsführung auf die Stadt.
"Befreit Hongkong", riefen rund 1000 Menschen, die sich nach Sonnenuntergang an einer Uferpromenade in der Nähe des alten Hongkonger Flughafens getroffen hatten. Sie stehen eng beieinander und haben Kerzen dabei, wie auf Online-Videos der Zeitung "South China Morning Post" zu sehen ist.
Angesichts der Coronavirus-Pandemie gelten in der chinesischen Sonderverwaltungsregion nach wie vor strenge Versammlungsregeln: Mehr als acht Menschen auf einmal dürfen sich nicht treffen. Deshalb hatten die Hongkonger Behörden auch die traditionelle Kerzenandacht zur Erinnerung ans Tiananmen-Massaker verboten - zum ersten Mal seit 30 Jahren.
Trotzdem kamen an zahlreichen Orten in der autonom regierten Stadt am Abend Tausende Menschen zusammen, um an die blutige Niederschlagung der chinesischen Demokratiebewegung vor 31 Jahren zu erinnern. Die Polizei rief die Menschen vielerorts mit Lautsprecheransagen auf, die illegale Versammlung zu verlassen. Die meisten blieben allerdings.
"Glory to Hong Kong" - die Hymne der Demokratiebewegung
Die größte Spontan-Kundgebung gab es im Victoria-Park, wo die verbotene Mahnwache mit Kerzenandacht eigentlich geplant war. Viele junge Leute kamen in den Park, aber auch Familien mit Kindern und Rentnerinnen und Rentner. Sie schoben die provisorischen Absperrzäune beiseite, zündeten mitgebrachte Kerzen an und wie Aufnahmen des Nachrichtenportals Hong Kong Free Press zeigen, riefen viele auch Slogans der Hongkonger Demokratiebewegung und sangen deren Hymne "Glory to Hong Kong".
Spontandemo zum Gedenken an die Opfer des Tiananmen-Massakers 1989 im Victoria-Park in Hongkong
Das geschah vor 31 Jahren
Am 4. Juni 1989 hatte Chinas Staats- und Parteiführung Soldaten und Panzer losgeschickt, um die friedlichen Massenproteste im Zentrum Pekings gewaltsam aufzulösen. Rund um den Platz am Tor des "Himmlischen Friedens" - auf chinesisch "Tiananmen" - wurden Hunderte bis Tausende Menschen getötet. In Festlandchina ist das Thema seitdem Tabu. Viele junge Chinesinnen und Chinesen haben von den Ereignissen damals noch nie gehört.
In Peking äußerte sich bereits am Vortag Regierungssprecher Zhao Lijian zur gewaltsamen Niederschlagung der Demokratiebewegung vor 31 Jahren. Auf einer Pressekonferenz des Außenministeriums sagte er das, was seine Vorgängerinnen und Vorgänger in den vergangenen Jahren auch immer rund um den 4. Juni gesagt hatten: "Die chinesische Führung hat mit Bezug auf die politischen Turbulenzen Ende der 1980er-Jahre klare Schlussfolgerungen gezogen. Die großen Erfolge in mehr als 70 Jahren nach der Gründung des Neuen Chinas zeigen voll und ganz, dass der von China gewählte Entwicklungspfad völlig korrekt ist."
Protest gegen Chinas "Sicherheitsgesetz"
In Hongkong zeigte sich am Donnerstag erneut, dass dort viele den von der Kommunistischen Partei in Peking vorgegebenen Entwicklungspfad nicht mittragen. Die Menschen gingen nicht nur auf die Straßen, um an die Opfer des Tiananmen-Massakers zu erinnern - sie protestierten auch gegen das von Chinas Führung geplante "Sicherheitsgesetz" für Hongkong, mit dem die Autonomie der Stadt nach Ansicht der meisten Verfassungsrechtler außerhalb Chinas weiter ausgehöhlt wird.
Im Stadtviertel Mong Kok gerieten Demonstranten mit der Polizei aneinander. Es flogen Steine und andere Gegenstände, die Polizei nahm mindestens vier Menschen fest, Einsatzkräfte setzten Pfefferspray ein. Dass Hongkong nach dem Gedenktag zur Ruhe kommt, davon ist nicht auszugehen.