Konflikt um Brüsseler Pläne EU und Deutschland streiten sich ums Wasser
Bayern und Nordrhein-Westfalen bringen heute im Bundesrat eine Initiative ein, um die EU-Pläne zur Wasserprivatisierung zu stoppen. Ein Volksbegehren dagegen ist in vollem Gange. Doch warum will die EU die Regeln zur Wasserversorgung eigentlich ändern?
Von Martin Bohne, MDR-Hörfunkstudio Brüssel
Europa und die Deutschen reden gerade mal wieder gründlich aneinander vorbei. Diesmal geht es ums Wasser: um die Frage, wer die Bürger mit diesem lebenswichtigen Gut versorgen darf. Weiter in voller Eigenregie die Kommunen? Oder müssen die Kommunen diese Dienstleistung künftig unter bestimmten Bedingungen öffentlich und europaweit ausschreiben?
Ja, sagen Brüssel und der zuständige EU-Kommissar Michel Barnier. Und zwar dann, wenn kommunale Stadtwerke nicht nur Wasser anbieten, sondern auch Strom oder Gas. Und wenn sie dies auch außerhalb der eigenen Kommune anbieten. Dann sollen sie sich auch dem normalen Wettbewerb stellen.
Gefahr der Quersubventionierung
Der CDU-Europaabgeordnete Andreas Schwab hat für diesen Ansatz ein gewisses Verständnis: "Problematisch sind eigentlich nur die Stadtwerke, die gleichzeitig mehrere Sparten bedienen, weil es hier eben Sparten gibt, die privatisiert und liberalisiert sind. Energie und Strom können die Bürger bei dem Anbieter wählen, der am günstigsten ist. Und die Gefahr, die die Kommission sieht, die im Einzelfall vielleicht auch nicht unberechtigt ist, besteht darin, dass eine Quersubventionierung erfolgt, die ordnungspolitisch nicht erwünscht ist."
Viele Politiker in Deutschland und viele Bürger sehen das anders. Die EU wolle durch diese Hintertür der völligen Privatisierung der Wasserversorgung den Weg bereiten. Kommissar Barnier weist diesen Vorwurf zurück.
Und auch die grüne Europaabgeordnete Heide Rühle erkennt an, dass die vorgeschlagene Richtlinie keine Privatisierung vorsieht: "Das muss man ganz deutlich sagen. Aber das Problem ist, dass die Richtlinie die öffentliche Erbringung von Wasser erschwert." Weil sie den Kommunen eine Ausschreibung nur ersparen wolle, wenn ihre Stadtwerke mindestens 80 Prozent des Umsatzes auf dem Heimatterritorium erzielten. "80 Prozent des Gesamtumsatzes wird aber nicht erreicht, wenn ich gleichzeitig die Energieversorgung im Stadtwerk habe, die Energieversorgung liberalisiert ist und Energie meistens den zwei- bis dreifachen Umsatz hat von Wasser."
Wasserversorgung soll ausgeklammert werden
Da hilft es also nicht einmal, wenn das Wasser ausschließlich für die eigenen Bürger angeboten wird. Um einer Ausschreibungspflicht zu entgehen, müssten die Stadtwerke schon zerlegt werden - in eine Wassersparte und in ein Unternehmen für den Rest. Die Grünen wollen daher ebenso wie die Sozialdemokraten, dass die Wasserversorgung prinzipiell aus der europäischen Vergaberichtlinie ausgeklammert wird.
Das lehnt Kommissar Barnier kategorisch ab. Aber vergangene Woche ist er den massiven deutschen Bedenken doch entgegengekommen: "Ich bin bereit, dafür einzutreten, dass sich die 80-Prozent-Regel nur auf den Wasserbereich bezieht und nicht mehr auf den Gesamtumsatz. Allerdings unter der Bedingung, dass in der Rechnungslegung eine strikte Trennung zwischen der Wassersparte und den anderen Sparten erfolgt."
CDU-Mann Schwab ist damit zufrieden: "Damit haben wir für die Kommunen eine sehr hohe Flexibilität erzielt." Auch Grünenpolitikerin Rühle hält den Barnier-Vorschlag für einen Schritt in die richtige Richtung, aber sie bleibt dabei: Hände weg vom Wasser, egal in welcher Form. "Wir werden die Richtlinie am Ende ablehnen, das ist gar keine Frage."
Demnächst beginnen Verhandlungen zwischen dem Parlament und dem Rat der Mitgliedsstaaten über die Einzelheiten der Vergabe-Richtlinie. Kommt es zu einer Einigung, muss das Parlamentsplenum noch zustimmen.