EU-Umweltministertreffen in Paris Ehrgeizige Pläne, viele offene Fragen
In der EU geht der Streit um die richtige Klimapolitik auch nach einem zweitägigen Arbeitstreffen der EU-Umweltminister in Paris weiter. Dennoch verabschiedeten die Ressortchefs ehrgeizige Pläne für eine gemeinsame europäische Umweltpolitik.
Von Christopher Plass, HR-Hörfunkstudio Brüssel
Das Thema ist gesetzt, und die neue französische EU-Präsidentschaft wird alle Hände voll zu tun haben, die Ziele auch zu erreichen. Die EU-Umweltminister waren sich einig, dass die Union ihr Klimaschutz-Paket noch in diesem Jahr zumindest auf Ministerebene unter Dach und Fach bringen sollte.
Im Januar hatte die Kommission das Paket vorgelegt. Darin enthalten ist die Forderung nach einer Reduktion des CO2-Ausstoßes um mindestens 20 Prozent bis 2020; erneuerbare Energien sollen dann einen Anteil von 20 Prozent an der Energieversorgung haben.
Wie die dadurch entstehenden Lasten verteilt werden, das bleibt auch nach dem informellen Ministerrat von Paris strittig. Aber die Minister hörten die Appelle der Klimaforscher. Unter anderem von Nobelpreisträger Rajendra Pachauri, dem Präsidenten des Weltklimarates: "Die EU muss die Führung übernehmen. Sonst brechen die Bemühungen ein." Ohne die EU bekomme man die USA und andere nicht ins Boot, so der eindringliche Appell.
Streit um Emissionshandel, Autos und Atomkraft
In den Streitfragen brachten die Beratungen noch keine Fortschritte. Die Verteilung der Lasten durch die Ausweitung des Emissionshandels muss geklärt werden: Gerade Staaten aus Ost- und Mitteleuropa fordern hier Sonderregelungen.
Dann geht es um die Frage, ob und wie weit Branchen mit hohem Energieverbrauch einbezogen werden oder nicht: Gerade Deutschland fürchtet, dass die Zement- oder Stahlbranche Nachteile erleiden könnte.
Offen ist die Debatte, ob die Kernenergie wieder mehr Berücksichtigung im Klimastreit finden soll: Die Franzosen sind dafür, der deutsche SPD-Umweltminister hält am Ausstieg fest. Dieser unterschwellige Zwist spielte in Paris allerdings keine Rolle.
Letztlich gehört auch der Streit um Auto-Abgase dazu. Die EU ist noch nicht einig darüber, wie streng die Auflagen für die Auto-Industrie sein sollten.
Und doch zeigten sich alle - auch Bundesumweltminister Sigmar Gabriel - zuversichtlich, dass es bis Jahresende ein greifbares Ergebnis geben werde: "Wir müssen bis Dezember fertig werden. Und zwar vor der Klimakonferenz von Posen. Damit wir einen Effekt wie schon in Bali erreichen, dass wir als Europäer glaubwürdig auftreten." In Posen ist für Dezember eine UN-Klimakonferenz angesetzt, ein Jahr vor einem Treffen in Kopenhagen, wo es um die Zukunft des Kyoto-Protokolls geht.
Wirtschafts- und Finanzminister sollen mitreden
Am Nachmittag stießen die für Energie zuständigen Minister zu ihren Umweltkollegen. Fragen der Energieversorgung und des Umweltschutzes sollen künftig enger verzahnt werden: Wie schwierig das aber ist, zeigt der Dauerstreit zwischen den deutschen Ministern Gabriel und Glos. Auch die Finanzminister sollen enger in die Verhandlungen eingebunden werden. Schließlich geht es auch um viel Geld.
Der grüne Europa-Abgeordnete und Energie-Experte Claude Turmes begrüßte das Engagement Europas grundsätzlich. Zumal in Paris auch betont wurde, Ziel müsse eigentlich eine Reduktion des CO2-Ausstoßes bis 2020 um 30 Prozent sein. Das sehen die Europäer für den Fall vor, dass es ein neues internationales Abkommen gebe.
Das sei alles gut, sagt der Grüne Turmes. Aber um die Erwärmung der Erde zu stoppen, reiche das nicht aus: "Das eigentliche Ziel ist: 80 bis 90 Prozent runter bis 2050. 2020 ist ein erster kleiner, aber wichtiger Schritt."