EuGH-Urteil zu US-Deserteur Kaum Hoffnung auf Asyl in Deutschland
Ein US-Soldat, der wegen des Irakkriegs desertiert war und in Deutschland Asyl beantragt hatte, hat kaum Chancen auf Erfolg. Zwingende Voraussetzung dafür wäre laut EuGH, dass die USA im Irak Kriegsverbrechen begangen haben. Das sollen nun deutsche Gerichte prüfen.
Deutschland muss dem US-Deserteur Andre Shepherd nach einer Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) wohl kein Asyl gewähren.
Der US-Soldat, der in Deutschland stationiert war, habe vor seiner Desertion im April 2007 nicht versucht, den Kriegsdienst zu verweigern, bemängelte der EuGH in seinem Urteil. Dies schließe jeden Schutz nach der europäischen Flüchtlingsrichtlinie aus, falls Shepherd nicht beweisen könne, dass ihm kein Verfahren zur Kriegsdienstverweigerung zur Verfügung gestanden habe.
Auch die Shepherd in den USA drohende Haftstrafe sei nicht als unverhältnismäßig oder diskriminierend zu bewerten, da die USA ein legitimes Recht zum Unterhalt von Streitkräften hätten. Die Entscheidung über Shepherds Asylantrag liegt nun bei den deutschen Gerichten, die seinen Fall im Lichte der Rechtsauslegung des EuGH erneut prüfen müssen.
In Amerika drohte Shepherd Strafverfolgung
Sheperd hatte im August 2008 Asyl in Deutschland beantragt, weil ihm wegen seiner Desertion in den USA Strafverfolgung und soziale Ächtung drohten. Seine in Deutschland stationierte Einheit hatte er bereits im April 2007 verlassen, nachdem er seinen zweiten Marschbefehl für den Irak erhalten hatte. Seinen Asylantrag begründete Sheperd damit, dass er sich nicht mehr an einem rechtswidrigen Krieg und Kriegsverbrechen beteiligen wolle.
Von September 2004 bis Februar 2005 war er im Irak im Einsatz gewesen, hatte dabei jedoch als Hubschrauber-Mechaniker weder an Militäroperationen noch an Kampfhandlungen unmittelbar teilgenommen. Nach der Rückkehr verlängerte er seine Dienstzeit. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge hatte Shepherds Asylantrag abgelehnt. Der US-Bürger wandte sich daraufhin an das Bayerische Verwaltungsgericht in München, das die Luxemburger Richter um eine Auslegung der europäischen Flüchtlingsrichtlinie bat.
Die Auslegung der Richter spricht gegen ein Asyl
In seinem Urteil stellt der EuGH zugunsten Shepherds fest, dass die Richtlinie nicht nur Kampftruppen, sondern auch Logistiker und andere nicht direkt an der Front eingesetzte Soldaten schütze. Auch müssten nicht zwingend bereits Kriegsverbrechen begangen worden sein. Es reiche aus, dass sie "mit hoher Wahrscheinlichkeit" begangen würden.
Insgesamt spricht die Auslegung der Richter jedoch gegen ein Asyl für Shepherd. So sei bei einem Militäreinsatz auf Grundlage einer Resolution des UN-Sicherheitsrates gewährleistet, dass dabei keine Kriegsverbrechen begangen würden. Dies gelte grundsätzlich auch für Einsätze, "über die ein internationaler Konsens besteht", urteilten die Richter.
Die USA waren 2003 an der Spitze einer "Koalition der Willigen" aus zahlreichen Staaten in den Irak-Krieg gezogen. Zudem nannte es der Gerichtshof wenig plausibel, dass Soldaten eines Staates zu Kriegsverbrechen veranlasst würden, der eben solche Verbrechen unter Strafe gestellt habe und dessen Gerichte diese auch ahndeten. Die Richter wiesen auch darauf hin, dass Shepherd sich nicht nur 2003 freiwillig bei der Armee verpflichtete, als der Irak-Krieg bereits lief, sondern dass er seine Dienstzeit nach dem ersten Einsatz im Irak sogar noch verlängerte. Ein Asyl Sheperds in Deutschland hätte das durch die NSA-Affäre ohnehin belastete Verhältnis zu den USA weiter strapaziert.
Rechtssache: C 472/13