Einwanderung aus Lateinamerika Wie die USA mit Flüchtlingen umgehen
Vor einem Jahr drängten Tausende vor allem minderjährige Flüchtlinge aus Lateinamerika in die USA. Als Reaktion hat Washington den Grenzschutz intensiviert - aber auch Programme aufgelegt, die die Einreise im Vorwege verhindern sollen.
Die USA hatten ihr Flüchtlingsdrama vor einem Jahr: Zehntausende von Kindern kamen ohne Eltern aus Honduras, Guatemala und Mexiko illegal in die Vereinigten Staaten. Sie hingen außen an Zügen, die die Grenze überquerten, oder liefen Hunderte von Kilometern durch die heiße Wüste. Manche hatten nur einen Zettel am T-Shirt mit einer Nummer und einem Namen in den USA. Für ihre Reise ins Ungewisse zahlten sie viele Tausend Dollar.
Am Ende landeten sie in hektisch aufgebauten Auffanglagern. Grenzschützer wurden zu Kinderbetreuern: "Diese Kinder kamen her, weil sie zu Hause nicht sicher waren, sie sind in Gefahr", erzählt Anwältin Kathleen Gasparian im amerikanischen Fernsehen.
Innerhalb von 72 Stunden müssen die Flüchtlinge einem Richter vorgeführt werden, der eine Entscheidung über ihre Zukunft trifft. Wer nachweisen kann, dass er verfolgt, verlassen oder misshandelt wurde und einen Verwandten hat, der für ihn sorgt, kann bleiben. "Das gibt ihnen die Möglichkeit in den USA zu bleiben, es schützt sie vor Deportation und sie müssen nicht in die Zustände zurück, aus denen sie kamen," sagt Gasparian.
Bewerbungsverfahren sollen Einreise verhindern
Doch auch im fernen Washington war der Obama-Regierung schnell klar, dass sie diese Kinder-Flüchtlingswelle stoppen musste. Deshalb wurde versucht, schon in den lateinamerikanischen Ländern ein Bewerbungsverfahren durchzuführen, ob jemand berechtigt ist, in die USA zu kommen oder nicht.
Doch Bill Felick von der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch hält dies für unrealistisch: "Diese Kinder sind in vielen Fällen bedroht von Gangs, sie werden nicht durch ihre Regierung geschützt, sie müssen fliehen." Ihm sei kein Fall bekannt, in dem ein Kind durch dieses Bewerbungsverfahren gegangen ist, sagt er.
Grenzschutz intensiviert
Die Grenze zwischen Mexiko und den USA ist 3000 Kilometer lang. Seit Jahren drücken Gewalt und Armut Zehntausende durch die kleinen Schlupflöcher in die USA. Wer als Erwachsener erwischt wird, wird umgehend wieder zurückgeschickt. "Wir haben den Sicherheitskräften mehr Mittel zur Verfügung gestellt, damit sie Illegale aufgreifen und schneller zurückschicken können. Ich möchte wiederholen, Grenzsicherheit ist wichtig", sagte Präsident Obama.
In den vergangenen Jahren haben die Amerikaner ihre Grenze aufgerüstet. Ein fast 1200 Kilometer langer Zaun wurde gebaut, 21.000 Grenzschützer patrouillieren am Boden, aus der Luft kontrollieren Hubschrauber und Drohnen das Geschehen. Die Maßnahmen zeigen Erfolg: Die Zahl der Flüchtlinge ist gesunken.
Elf Millionen Illegale können auf Bleiberecht hoffen
Die USA schützen also ihre Grenze besser, doch die Frage ist, was passiert mit denjenigen, die es in "das andere Land", wie es heißt, geschafft haben? Denn wer einmal die Grenze überwunden hat, kann leicht in den USA untertauchen. Obama will den rund elf Millionen Illegalen unter bestimmten Voraussetzungen ein Bleiberecht geben, doch die Republikaner haben Angst, dass dann noch mehr Menschen die gefährliche Reise auf sich nehmen.
Dabei sind viele Amerikaner der Meinung, dass die Wirtschaft ohne die Einwanderer zusammenbrechen würde. Kindererziehung, Gartenarbeit oder der Bausektor sind fest in mexikanischer Hand. Die USA wären groß genug, um noch weitere Zuwanderer aufzunehmen. Und wer es im Land der unbegrenzten Möglichkeiten geschafft hat, ist ja dann irgendwann auch ein Kunde, der die Wirtschaft ankurbelt. "Die USA werden immer ein Land von Einwanderern sein", sagt der Präsident.