Von der Leyen "Europa muss Sprache der Macht lernen"
Die künftige EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen hat in einer Rede gefordert, dass sich Europa besser gegen führende Staaten wie China und die USA behauptet. In der Klimapolitik nannte sie ein klares Ziel.
Europas Partner müssen sich nach Ansicht der gewählten EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen auf härtere Positionen der EU einstellen. "Europa muss auch die Sprache der Macht lernen", sagte von der Leyen in einer Europa-Rede vor der Konrad-Adenauer-Stiftung in Berlin. Die sogenannte "soft power" reiche heute nicht mehr aus, wenn sich die Europäer in der Welt behaupten wollten.
"Das heißt zum einen, eigene Muskeln aufbauen, wo wir uns lange auf andere stützen konnten - zum Beispiel in der Sicherheitspolitik", sagte die frühere deutsche Verteidigungsministerin. Die EU brauche mehr militärische Fähigkeiten. Zum anderen müsse sie die vorhandene Kraft stärker nutzen, um europäische Interessen durchzusetzen.
Europäische Standards einhalten
Als Beispiel nannte von der Leyen den Umgang mit China. Die Volksrepublik sei sicher ein wichtiger Handelspartner für die Europäische Union. "Aber umgekehrt ist die EU der größte Handelspartner für China." Man wolle weiter gute Geschäfte machen und freue sich über ausländische Unternehmen, die an Ausschreibungen für den Bau von Autobahnen oder Stromtrassen teilnähmen.
"Aber wir werden künftig stärker darauf achten, dass sich diese Unternehmen auch an unsere Standards halten, was beispielsweise Arbeitsbedingungen und Umweltschutz-Vorschriften angeht", kündigte von der Leyen an, die mit einer neuen Kommission am 1. Dezember ihr Amt antreten soll. Zudem werde man einer "ungezügelten Einkaufstour oftmals staatlich subventionierter ausländischer Unternehmen" Schranken setzen. Auch dies zielt auf China ab.
Einen entschiedeneren Kurs kündigte von der Leyen gegenüber IT-Unternehmen aus den USA an. Diese müssten künftig in der EU in "angemessener Höhe" Steuer zahlen.
Klimaneutral bis 2050
Auch zur europäischen Klimapolitik fand von der Leyen klare Worte. "Wir können und müssen es schaffen, dass Europa bis 2050 der erste klimaneutrale Kontinent ist." Sie kündigte an, das erste europäische Klimaschutzgesetz vorzulegen, "das dieses politische Ziel in verbindliches Recht übersetzt".
Es stimme zwar, dass Europa nur für zehn Prozent der weltweiten Treibhausgas-Emissionen verantwortlich sei. "Aber Europa kann die Führung übernehmen bei CO2-armen Technologien." Es könne zeigen, dass Klima-Investitionen gewinnbringend und nachhaltig seien und wie durch Strukturwandel neue Fertigkeiten und Arbeitsplätze entstünden.
"Europa ist attraktiver, als wir es oft wissen"
Von der Leyen rief Europa auf, sich auf seine Stärken zu besinnen. Für Verzagtheit gebe es keinen Grund: "Europa ist heute attraktiver, als wir es oft wissen oder zumindest darüber reden." Europa möge hinsichtlich seiner Bevölkerung älter und weniger werden. "Aber wir haben etwas, was unschätzbar ist: Rechtsstaat, Freiheit, Demokratie, Offenheit für viele Lebensentwürfe - das finden junge Menschen in China oder Russland nicht."
Flammende Verteidigungsrede für die NATO
In einer direkten Replik auf Äußerungen des französischen Präsidenten Emmanuel Macron bezeichnete von der Leyen die NATO als das "mächtigste Verteidigungsbündnis der Welt". Macron hatte der NATO angesichts des Kurses der USA einen "Hirntod" attestiert. Dem entgegnete die ehemalige Verteidigungsministerin: "Die NATO war und ist immer das, was ihre Mitgliedstaaten aus ihr machen."
Es liege an den 29 Mitgliedstaaten, "sich einzubringen und etwas zu ändern", betonte von der Leyen. Die NATO habe sich "bei allen Holprigkeiten bis in die letzten Wochen hervorragend als Schutzschirm der Freiheit bewährt". Die Geschichte Europas könne ohne das Bündnis nicht erzählt werden.