Welthunger-Index Kaum Fortschritte im Kampf gegen Hunger
Der Kampf gegen den Hunger stagniert. Das ist das Ergebnis des aktuellen Welthunger-Index. Demnach waren 2022 rund 735 Millionen Menschen unterernährt. Der Krieg gegen die Ukraine und der Klimawandel verschärften die Situation.
Eine Welt ohne Hunger rückt nach Einschätzung von zwei Hilfsorganisationen in weite Ferne: 43 Länder verzeichneten weiterhin ein sehr ernstes und ernstes Hungerniveau, und in 18 Ländern habe der Hunger seit 2015 noch einmal zugenommen, schreiben die Welthungerhilfe und ihre Partnerorganisation Concern Worldwide in ihrem Welthunger-Index (WHI) 2023.
Im vergangenen Jahr waren nach Angaben der Welthungerhilfe 735 Millionen Menschen unterernährt. Demnach werden es 58 Länder nicht schaffen, bis 2030 ein niedriges Hungerniveau zu erreichen. Staaten mit niedrigem und mittlerem Einkommen, die krisenanfälliger sind, traf es im Vergleich zu jenen mit hohem Einkommen besonders hart. Der Bericht untersucht die Ernährungslage in 136 Ländern.
Größter Hunger in Afrika und Südasien
Afrika südlich der Sahara und Südasien sind laut den Anhaben erneut die Regionen mit den höchsten Hungerraten. Ein sehr ernstes Ausmaß an Hunger herrscht demnach in Burundi, der Demokratischen Republik Kongo, Lesotho, Madagaskar, dem Niger, Somalia, Südsudan, Jemen und der Zentralafrikanischen Republik.
Nach Einschätzungen der beiden Organisationen sind die Bemühungen der Welt um eine Reduzierung des Hungers seit 2015 kaum noch vorangekommen. Krisen wie der Anstieg der Nahrungsmittelpreise, der durch den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine weiter befeuert wurde, die wirtschaftlichen Auswirkungen der Coronapandemie, der Klimawandel und immer mehr bewaffnete Konflikte verstärkten sich gegenseitig und führten dazu, dass rund eine Dreiviertelmilliarde Menschen hungerten.
Der Index stuft die Länder gemäß einer 100-Punkte-Skala ein. 0 (kein Hunger) ist der beste, 100 der schlechteste Wert. Werte zwischen 10,0 und 19,9 Punkte bedeuten mäßigen Hunger. Index-Werte von mehr als 50 signalisieren gravierende Unterernährung. Insgesamt liegen der Berechnung vier Indikatoren zugrunde:
Unterernährung: der Anteil, der Bevölkerung, dessen Kalorienbedarf nicht gedeckt ist
Wachstumsverzögerung bei Kindern: der Anteil von Kindern unter fünf Jahren, mit einer zu geringen Größe in Bezug auf das jeweilige Alter
Auszehrung bei Kindern: der Anteil von Kindern unter fünf Jahren, mit einem zu niedrigen Gewicht in Bezug auf die jeweilige Größe
Kindersteblichkeit: der Anteil der Kinder, die vor ihrem fünften Geburtstag sterben
Kürzungen in Entwicklungsarbeit falsches Signal
"Wenn weiter Hunger herrscht, müssen Kinder arbeiten, statt in die Schule zu gehen und Mädchen werden zu früh verheiratet. Menschen in Ländern mit niedrigem Einkommen und benachteiligte Gruppen sind betroffen, weil sie kaum noch Kapazitäten zur Bewältigung der verschiedenen Krisen haben", kritisiert Marlehn Thieme, Präsidentin der Welthungerhilfe. Die geplanten Einsparungen in der Entwicklungs- und humanitären Hilfe Deutschlands in Höhe von 1,6 Milliarden Euro seien das falsche Signal.
Der Welthunger-Index widmet sich in diesem Jahr besonders der Situation der jungen Bevölkerung in vielen ärmeren Staaten. Gefordert wird eine Generationengerechtigkeit, um den Hunger zu reduzieren. Dazu gehören Investitionen in Bildung, Gesundheit und Ernährung.
2030 soll globaler Hunger enden
"Ohne eine echte Perspektive für eine gesicherte Existenz werden junge Menschen ihre Heimatgebiete auch weiterhin verlassen. Ihre Kraft und Innovationsfähigkeiten haben das Potenzial, den Hunger langfristig zu beseitigen", betonte Mathias Mogge, Generalsekretär der Welthungerhilfe.
Bis 2030 wollen die Vereinten Nationen den Hunger in der Welt beenden. Das sei aber noch eine "gewaltige Herausforderung". Prognosen gehen davon aus, dass dann immer noch fast 600 Millionen Menschen zu wenig zu essen haben werden.