WHO zu Coronavirus Noch keine Gesundheitsnotlage
Die Weltgesundheitsorganisation sieht in der neuen Lungenkrankheit in China keinen internationalen Gesundheitsnotstand - zumindest noch nicht. Für heute sind weitere Beratungen angesetzt.
Trotz der rasanten Zunahme von nachgewiesenen Infektionen mit dem neuartigen Coronavirus in China hat die Weltgesundheitsorganisation (WHO) noch keine "gesundheitliche Notlage von internationaler Tragweite" ausgerufen.
Der Notfallausschuss, der die WHO berät, sah am Mittwoch dafür keinen Anlass. Am Donnerstag will das Gremium erneut tagen. Die Situation sei komplex und in ständiger Entwicklung, erläuterte WHO-Chef Tedros Adhanom Ghebreyesus das Vorgehen.
Ghebreyesus lobte die Maßnahme der chinesischen Behörden, die Millionenmetropole Wuhan unter Quarantäne zu stellen. Die Krankheit war dort Ende Dezember ausgebrochen.
Besserer Informationsaustausch zwischen den Ländern
Der Notfallausschuss empfahl, den Informationsaustausch unter den Staaten weiter zu verbessern, wie der Vorsitzende Didier Houssin sagte. Gleichzeitig waren sich die Mitglieder in der Beurteilung der Situation nicht einig, sagte Houssin. Etwa die Hälfte der 16 Mitglieder sei für die Erklärung einer Notlage von internationaler Tragweite gewesen.
Mit einer offiziellen "Notlage" wären weitere konkrete Empfehlungen an Staaten verbunden gewesen, um die Ausbreitung über Grenzen hinweg möglichst einzudämmen. Zu solchen Empfehlungen kann beispielsweise gehören, dass Reisende auf Krankheitssymptome geprüft werden, und dass medizinisches Personal besser geschützt wird.
Eine "gesundheitlichen Notlage mit internationaler Tragweite" (public health emergency of international concern – PHEIC) ist laut WHO ein "außerordentliches Ereignis, das eine Bedrohung für die öffentliche Gesundheit in anderen Ländern infolge einer grenzüberschreitenden Ausbreitung bildet und das möglicherweise abgestimmte internationale Gegenmaßnahmen erfordert".
Seit 2005 erklärte die WHO fünf Mal solche Notlagen, zuletzt im vergangenen Jahr wegen des Ebola-Ausbruchs im Kongo.
Bisher kein Nachweis in Europa
Unterdessen gibt es immer mehr bestätigte Fälle. Die Zahl der Kranken in China stieg auf rund 550, 17 Infizierte sind bislang gestorben. Auch in Japan, Südkorea, Taiwan und Thailand waren Fälle bekannt geworden.
In Europa wurden bisher keine Infektionen nachgewiesen. Für die Menschen in Deutschland besteht nach Einschätzung der Bundesregierung ein "sehr geringes" Gesundheitsrisiko. Es gebe keinen Grund, jetzt in Alarmismus zu verfallen, sagte ein Sprecher von Gesundheitsminister Jens Spahn.
Die EU-Präventionsbehörde ECDC sprach von einem moderaten Risiko, dass der Erreger in die Europäische Union eingeschleppt wird. Noch sei unklar, wie schwerwiegend und wie tödlich die Krankheit sei, meinte ECDC-Direktorin Andrea Ammon. "Mehr epidemiologische Daten sind dringend erforderlich, um ein besseres Verständnis des Virus zu gewinnen."
Gefahr der Ausbreitung durch das Neujahrsfest
Erstmals wurde ein Nachweis in den USA gemeldet. Nach Angaben der US-Gesundheitsbehörde ist ein Mann betroffen, der nach einer Reise in die chinesische Stadt Wuhan am 15. Januar in die Westküstenmetropole Seattle zurückgekehrt war. Sein Zustand sei gut. Es bestehe nur ein sehr geringes Risiko, dass er andere angesteckt haben könnte.
Die Quelle des Virus wird auf einem Wildtiermarkt in Wuhan vermutet. Experten zufolge wurde es zunächst vom Tier auf den Menschen übertragen, bevor das Virus sich an seinen neuen Wirt anpasste und es zu Übertragungen zwischen Menschen kam.
Mit der Reisewelle zum chinesischen Neujahrsfest am kommenden Samstag wächst die Gefahr einer Ausbreitung. Bei der größten jährlichen Reisewelle des Landes sind einige Hundert Millionen Chinesen unterwegs.