#kurzerklärt Warum haben Beamte einen Sonderstatus?
Sie sind Polizisten, Lehrer, arbeiten bei Feuerwehr oder Finanzverwaltung: 1,8 Millionen Beamte gibt es in Deutschland. Sie haben einen Sonderstatus, etwa bei Sozialversicherungen oder dem Streikrecht. Warum ist das so? Juliane Fliegenschmidt erklärt es.
Der Sonderstatus der Beamten ist durch das Grundgesetz festgeschrieben: Sie verpflichten sich per Schwur der freiheitlich-demokratischen Grundordnung. Im Gegenzug sollen sie und ihre Familien sich nicht um den Lebensunterhalt sorgen müssen: Sie werden vom Staat "alimentiert" - so das Fachwort für die Versorgung durch den Staat. Dadurch sollen sie weniger anfällig für Korruption sein. Auf der anderen Seite haben sie kein Streikrecht und können jederzeit versetzt werden.
Beamte stehen außerhalb des Sozialversicherungssystems in Deutschland, in die der größte Teil der 33 Millionen abhängig Beschäftigten einzahlt. So sind Beamte unkündbar - und zahlen deshalb nicht in die Arbeitslosenversicherung ein. Wenn sie in den Ruhestand gehen, werden ihre Pensionen aus Steuergeldern finanziert. Deshalb zahlen sie auch nicht in die Rentenkasse ein.
Bei der Krankenversicherung können sich Beamte entscheiden, ob sie privat oder gesetzlich versichert sein wollen. Die meisten entscheiden sich für die private, weil der Staat eine Beihilfe im Krankheitsfall zu den Kosten zahlt - aber nicht den Arbeitgeberanteil für die gesetzliche Krankenversicherung übernimmt.
Größter Unterschied: die Pensionen
Besonders auffällig werden die Unterschiede im Ruhestand. Angestellte zahlen in die Rentenversicherung ein. Bei der Berechnung der Rente spielt das Gehalt des ganzen Lebens eine Rolle. So fließen Phasen mit wenig Gehalt mindernd in die Rente ein. Dagegen werden die Pensionen der ehemaligen Beamten aus Steuergeldern bezahlt. Für die Berechnung spielt nur die letzte und damit meist höchste Gehaltsstufe eine Rolle. Abhängig von der Anzahl der Berufsjahre berechnet sich dann die Pension: Wer es schafft, 40 Jahre als Beamter zu arbeiten, bekommt den Höchstsatz von 71 Prozent des letzten Gehalts.
Der Alterssicherungsbericht der Bundesregierung zeigt, wie unterschiedlich Rentner und Pensionäre dastehen: Die durchschnittliche Rente liegt bei 960 Euro, die durchschnittliche Beamtenpension bei 2873 Euro. Allerdings sind Beamte im Schnitt auch besser qualifiziert als der durchschnittliche Arbeitnehmer. Außerdem bekommen manche Rentner zusätzlich noch eine Betriebsrente. Das fällt bei Beamten weg. Und Beamte müssen anders als Rentner ihre Pensionen voll versteuern.
Die Kluft zwischen Rentnern und Pensionären ist also nicht so groß wie auf den ersten Blick angenommen - aber nicht alle Unterschiede können so erklärt werden. Denn 80 Prozent der männlichen Rentner bekommen nicht mal das, was Beamte als Mindestpension bekommen: 1500 Euro.
Allerdings hängt die Pension vom Verdienst ab - und je nach Beruf gibt es große Unterschiede, was Beamte verdienen: So verdienen Feuerwehrleute im mittleren Dienst in Nordrhein-Westfalen zum Beispiel zwischen 2300 und 3000 Euro brutto - das ist im Verhältnis zu ihrer Verantwortung nicht gerade viel.
Der Deutsche Beamtenbund (dbb) hält dertzeit in Köln seine Jahrestagung ab. Neben der Regiegungsbildung sind dort auch die jüngsten Angriffe auf Feuerwehrleute, Sanitäter und Polizisten ein Thema. dbb-Chef Ulrich Silberbach warnte vor einem Ende des staatlichen Gewaltmonopols gewarnt. "Ohne die Durchsetzung von Sicherheit, Recht und Ordnung ist freiheitliches Leben in einer offenen Gesellschaft nicht vorstellbar", sagte er bei der Jahrestagung. Von der Politik sei "klares Handeln" gefragt.
In den vergangenen Tagen hatten wiederholte Attacken auf Sanitäter, Feuerwehrleute und Polizisten Entsetzen hervorgerufen. Das Phänomen ist aber schon länger bekannt.
Was kostet das die Steuerzahler?
54,9 Milliarden Euro zahlten Bund und Länder 2014 für Pensionen und Beihilfe. Das sind immerhin 8,5 Prozent des gesamten Steueraufkommens. Tendenz steigend: Denn in den 1970er-Jahren wurden viele zusätzliche Beamte eingestellt, die in den nächsten zehn Jahren pensioniert werden. Davon werden vor allem die westlichen Bundesländer betroffen sein, zum Beispiel Nordrhein-Westfalen: Hier erwartet das Finanzministerium eine Kostenexplosion von 34 Prozent bis 2040. Manche Bundesländer haben dafür Versorgungsrücklagen gebildet - doch viele Verwaltungsexperten warnen, dass das nur ein Tropfen auf den heißen Stein sei.
Hohe Kosten - und das obwohl Deutschland im internationalen Vergleich wenig Beschäftigte im öffentlichen Dienst hat: Laut OECD steht Deutschland erst auf Platz 27, wenn man die Anzahl der Beschäftigten im öffentlichen Dienst mit der Anzahl aller Arbeitnehmer vergleicht. Nur elf Prozent aller Beschäftigten arbeiten in Deutschland im öffentlichen Dienst - und davon ist auch nur rund ein Drittel verbeamtet. Damit steht Deutschland weit hinter Spitzenreiter Norwegen mit fast 30 Prozent im öffentlichen Dienst, aber auch hinter Ländern wie Frankreich, Großbritannien oder den USA.
Vorbild Hamburg?
Auch Beamte sollen solidarisch mit den anderen Arbeitnehmern in die Gesetzliche Krankenversicherung einzahlen: Diese Forderung wird immer mal wieder diskutiert. In Hamburg soll das nun wahlweise möglich sein. Wer dort verbeamtet wird, kann sich demnächst zwischen privater und gesetzlicher Kasse entscheiden. Der Stadtstaat übernimmt den gesetzlichen Arbeitnehmeranteil.
Könnte das Hamburger Modell Vorbild für ganz Deutschland sein? Es würde, zumindest kurzfristig, jedenfalls sehr teuer werden: Je mehr Beamte sich freiwillig gesetzlich versichern lassen, desto höher die Arbeitnehmerkosten, die der Staat tragen muss. Dafür dürfte es langfristig wohl billiger werden. Denn für gesetzlich Versicherte muss der Staat keine kostspieligen Beihilfen zahlen. Die schlagen vor allem bei älteren Versicherten zu Buche.
Und das Beamtentum gleich komplett abschaffen? Das verbietet das Grundgesetz: Hoheitliche Aufgaben sollen von Beamten ausgeführt werden.