Sinkende Corona-Zahlen (K)ein Grund zur Hoffnung?
Die sinkenden Corona-Zahlen seien mit Vorsicht zu genießen, da Behörden überlastet seien - heißt es aktuell in vielen Medien. Doch verschiedene Indizien weisen darauf hin, dass das Wachstum tatsächlich vorerst gestoppt wurde.
Die bundesweite Sieben-Tage-Inzidenz ist leicht gefallen. Die Gesundheitsämter meldeten dem RKI binnen eines Tages 36.059 Corona-Neuinfektionen - deutlich weniger als in der Vorwoche, als es noch 45.753 Ansteckungen waren.
Allerdings wird in vielen Berichten und Kommentaren darauf verwiesen, dass die Zahlen möglicherweise zu niedrig seien; insbesondere die Angaben aus Sachsen erscheinen auffällig niedrig. Mutmaßlich sei eine Überlastung der Gesundheitsämter der Grund dafür.
Regionale Unterschiede
Trotz offenkundig fehlender Fälle aus Sachsen liegen aber verschiedene Daten vor, die darauf hinweisen, dass das starke Wachstum vorerst gestoppt wurde - zumindest in vielen Regionen. In Norddeutschland, wo die Inzidenz deutlich unter dem Bundesdurchschnitt liegt und es somit keine Überlastung der Ämter gegeben sein dürfte, sank die Inzidenz, nachdem sich das Wachstum zuletzt schon abgeschwächt hatte.
Auch eine Visualisierung der Trends in den Bundesländern zeigt eine teilweise gegenläufige Entwicklung: Während die Zahlen in einigen Ländern stark gestiegen sind, stagnieren oder fallen sie in anderen.
Dass das Infektionsgeschehen in Deutschland sehr heterogen sei, darauf verwies bereits der Wissenschaftler Kai Schulze, der am RKI tätig ist, auf seinem privaten Twitter-Account. Seiner Einschätzung zufolge spielt die Überlastung von Gesundheitsämtern in einigen Regionen zwar eine Rolle, es gebe aber zahlreiche weitere Faktoren, die zu berücksichtigen seien. Aktuell sei "das Abschwächen der Dynamik vielerorts real".
Das RKI hatte bereits im Wochenbericht vom 2. Dezember festgestellt, der starke Anstieg der Sieben-Tage-Inzidenz habe sich zuletzt nicht fortgesetzt. Dies könne "ein erster Hinweis auf eine sich leicht abschwächende Dynamik im Transmissionsgeschehen aufgrund der deutlich intensivierten Maßnahmen zur Kontaktreduzierung sein. Es könnte aber regional auch auf die
zunehmend überlasteten Kapazitäten im Öffentlichen Gesundheitsdienst und die erschöpften Laborkapazitäten zurückzuführen sein".
Weniger Aufnahmen auf Intensivstationen
Die teilweise gegensätzliche Entwicklung lässt sich auch an einer Zahl ablesen, die nicht von Test- und Laborkapazitäten abhängt: Der Statistiker Thomas Wieland wies darauf hin, dass in mehreren Bundesländern die absoluten Zahlen bei den Erstaufnahmen auf Intensivstationen zurückgingen.
Positivrate sinkt leicht
Ein wichtiges Indiz für zunehmendes Infektionsgeschehen und eine wachsende Dunkelziffer der Infektionen ist zudem eine wachsende Positivrate bei den Tests. Diese ist in der vergangenen Woche allerdings nicht weiter gestiegen, was zumindest darauf hindeutet, dass das Wachstum insgesamt gestoppt sein könnte. Nach Angaben des Vereins "Akkreditierte Labore in der Medizin" (ALM), fiel die Positivrate in der vergangenen Woche leicht, von 21,18 Prozent auf 20,95 Prozent.
"Auch wenn die Zahlen eine etwa konstante Rate der positiven Befunde zeigen", mahnt Dr. Michael Müller von ALM, bliebe die Lage "weiterhin sehr angespannt. Viele Labore arbeiten an der Grenze des Machbaren. Jetzt gilt es, alle uns möglichen Maßnahmen umzusetzen, Kontakte so weit wie möglich zu reduzieren und das Impfen voranzutreiben".
Bundesweite Zahlen unterkomplex
Auch wenn die Zahlen beispielsweise aus Sachsen mutmaßlich unvollständig sind, liegen verschiedene Indizien vor, die auf eine Stagnation des Wachstums in mehreren Bundesländern hinweisen.
Vollkommen unbrauchbar dürften die Zahlen für viele Regionen Deutschlands also nicht sein, da sich das Infektionsgeschehen weiterhin regional sehr unterschiedlich darstellt. Bundesweite Angaben können teilweise gegensätzliche Entwicklungen ohnehin nicht abbilden.