Fragen und Antworten Was bedeutet Migrationshintergrund?
Viele benutzen ihn - doch nur wenige können ihn auch genau erklären: den Begriff Migrationshintergrund. Selbst in Wissenschaft und Politik gibt es abweichende Definitionen.
Welche Definitionen für einen Migrationshintergrund gibt es?
Für offizielle Statistiken des Bundes wird die folgende Definition angewandt:
Eine Person hat einen Migrationshintergrund, wenn sie selbst oder mindestens ein Elternteil nicht mit deutscher Staatsangehörigkeit geboren wurde. Im Einzelnen umfasst diese Definition zugewanderte und nicht zugewanderte Ausländerinnen und Ausländer, zugewanderte und nicht zugewanderte Eingebürgerte, (Spät-) Aussiedlerinnen und (Spät-) Aussiedler sowie die als Deutsche geborenen Nachkommen dieser Gruppen. Die Vertriebenen des Zweiten Weltkrieges haben (gemäß Bundesvertriebenengesetz) einen gesonderten Status; sie und ihre Nachkommen zählen daher nicht zur Bevölkerung mit Migrationshintergrund.
Eine andere Definition gibt die Verordnung zur Erhebung der Merkmale des Migrationshintergrundes, die für die Statistiken der Bundesagentur für Arbeit gilt:
Ein Migrationshintergrund liegt vor, wenn 1. die Person nicht die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt oder 2. der Geburtsort der Person außerhalb der heutigen Grenzen der Bundesrepublik Deutschland liegt und eine Zuwanderung in das heutige Gebiet der Bundesrepublik Deutschland nach 1949 erfolgte oder 3. der Geburtsort mindestens eines Elternteiles der Person außerhalb der heutigen Grenzen der Bundesrepublik Deutschland liegt sowie eine Zuwanderung dieses Elternteiles in das heutige Gebiet der Bundesrepublik Deutschland nach 1949 erfolgte.
2005 wurde der Themenkomplex Migration und Integration in die Mikrozensus-Erhebungen aufgenommen. Ab 2011 wurden für den Zensus, also in alle zehn Jahre stattfindende statistischen Erhebung der Bevölkerungdaten, eine neue Definition für Personen mit Migrationshintergrund gefunden. Unter dem Begriff werden nun "alle zugewanderten und nicht zugewanderten Ausländer/-innen sowie alle nach 1955 auf das heutige Gebiet der Bundesrepublik Deutschland zugewanderten Deutschen und alle Deutschen mit zumindest einem nach 1955 auf das heutige Gebiet der Bundesrepublik Deutschland zugewanderten Elternteil" erfasst.
Die Bundesländer verwenden teilweise abweichende Definitionen, zum Beispiel in Nordrhein-Westfalen wird der Migrationshintergrund über den Begriff "Zuwanderungsgeschichte" definiert.
Wie wird der Migrationshintergrund ermittelt?
Hierfür gibt es mehrere Methoden: Zum einen werden bereits vorhandene Daten ausgewertet, zum Beispiel die Bestände der Meldeämter. Andererseits werden repräsentative Befragungen durchgeführt und die so erhaltenen Daten hochgerechnet. Allerdings liegen hier nur wenige relevante Daten wie der Geburtsort vor.
Eine weitere Möglichkeit zur Bestimmung sind repräsentative Erhebungen. In Bezug auf den Migrationshintergrund ist hierbei insbesondere der von statistischen Bundesamt durchgeführte Mikrozensus relevant, für den jährlich rund ein Prozent der Bevölkerung in Deutschland befragt wird. Dieser kann gezielt zusätzliche Merkmale abfragen, die statistisch relevant sind. Im aktuellen Mikrozensus sind bis zu 19 Fragen dazu enthalten. Wie die Antworten darauf beeinflussen, wer zu den Menschen mit Migrationshintergrund gezählt wird, ist nicht transparent.
Zudem ist die Erstellung anonymer Kerndatensätze (KDS) möglich: Hierfür werden mehrere Eigenschaften erfasst, die in einem Datensatz zusammengefasst werden, der jedoch nicht den Namen oder andere eindeutig identifizierende Merkmale enthält. So wird in einigen Bundesländern von Schülerinnen und Schülern die Staatsangehörigkeit, das Geburtsland, das Zuzugsjahr nach Deutschland und die Verkehrssprache in der Familie als KDS erfasst.
Welche Alternativen gibt es?
Verschiedene Gruppen setzen sich dafür ein, den ungenauen und oft mit negativen Konnotationen besetzten Begriff "Mensch mit Migrationshintergrund" durch andere, genauere und dem jeweiligen Kontext angemessene Bezeichnungen zu ersetzen. So schlagen die Neuen Deutschen Medienmacher*innen unter anderem "Einwanderer und ihre Nachkommen", "Menschen aus Einwandererfamilien" oder "Menschen mit internationaler Geschichte" vor.
In anderen Ländern wird unter anderem erfasst, ob der Betreffende selbst aktiv eingewandert ist oder beispielsweise als Kind mitgekommen ist. In Polen und Großbritannien können Menschen selbst entscheiden, zu welcher "ethnischen" oder "nationalen Gruppe" sie gehören.