Kritik an Aus für niedrigeren Satz Ampel uneins über Gas-Mehrwertsteuer
Finanzminister Lindner will offenbar die Mehrwertsteuer auf Gas wieder auf den ursprünglichen Stand setzen. Die SPD ist dagegen, die Grünen zögern. Es geht um Milliarden für den Haushalt und hohe Rechnungen für die Kunden.
Innerhalb der Regierung gibt es offenbar Meinungsverschiedenheiten darüber, ob die Mehrwertsteuer auf Gas früher angehoben werden soll als ursprünglich angedacht. Genau diese Maßnahme hat Finanzminister Christian Lindner laut "Frankfurter Allgemeine Zeitung" (FAZ) ins Spiel gebracht.
Wegen der plötzlich extrem hohen Preise nach dem russischen Angriff auf die Ukraine hatte die Bundesregierung Gas und Fernwärme am 1. Oktober 2022 steuerlich begünstigt. Ursprünglich sollte bis Ende März 2024 der niedrigere Mehrwertsteuersatz von sieben statt 19 Prozent gelten. Wegen der gesunkenen Gaspreise soll die Entlastungsmaßnahme nach dem Willen Lindners schon zum Jahreswechsel auslaufen, berichtete die "FAZ".
SPD: Isolierte Maßnahme mitten in der Heizperiode
Die SPD lehnt diese Überlegungen ab. "Es braucht ein Gesamtkonzept für die Entlastungen von Unternehmen und Bürgerinnen und Bürgern statt der isolierten Diskussion über Einzelmaßnahmen", sagte der finanzpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Michael Schrodi, der Nachrichtenagentur Reuters. "Eine vorzeitige Rückkehr zur höheren Mehrwertsteuer für Gaspreise als isolierte Maßnahme mitten in der Heizperiode sehen wir als SPD-Bundestagsfraktion kritisch."
Beschlossen ist die Verkürzung noch nicht. Sie dürfte aber spätestens bei den Haushaltsberatungen im Bundestag auf den Tisch kommen. Auch für die Grünen ist das letzte Wort in der Sache noch nicht gesprochen. Sie kündigten an, sich den Vorschlag genau anzusehen.
Parallel setzen sie sich dafür ein, die noch bis Jahresende geltende Gas- und Strompreisbremse zu verlängern. "Als Versicherung, dass die Preise weiterhin nicht durch die Decke gehen können", sagte Fraktionsvize Andreas Audretsch der Nachrichtenagentur dpa. "Für Bürgerinnen und Bürger sind verlässliche und bezahlbare Energiepreise von hoher Relevanz", betonte er.
Finanzministerium rechnet mit 2,1 Milliarden Euro
Die Steuersenkung sei nie als dauerhafte Maßnahme gedacht gewesen, erklärte das Finanzministerium. Sie könne vorzeitig beendet werden, weil der Gaspreis schneller wieder sank, als man 2022 annahm. Ein Sprecher verwies auf Anfrage von Reuters darauf, dass eine frühere Rückkehr zum höheren Steuersatz rechnerisch Mehreinnahmen für die öffentlichen Kassen von 2,1 Milliarden Euro im kommenden Jahr bedeuten würde.
Ein Vorziehen um drei Monate würde zwar Mehrausgaben für die Bürger und Bürgerinnen bedeuten, könnte der Ampelregierung aber in der Debatte um den Bundeshaushalt 2024 etwas Luft verschaffen. Denn es gibt etliche Nachforderungen in den Haushaltberatungen, aber die Schuldenbremse muss eingehalten werden.
Da die Mehrwertsteuereinnahmen zwischen Bund und Ländern geteilt werden, könnte dies auch dazu beitragen, dass die 16 Landesregierungen dem vom Kabinett beschlossenen steuerlichen Entlastungspaket zustimmen. Etliche Ministerpräsidenten hatten kritisiert, dass der Bund sich mit dem sogenannten Wachstumschancengesetz schmückt, aber Länder und Kommunen den größten Teil der Steuerausfälle übernehmen müssten.
Bentele: Energiepreise große Herausforderungen
Verbände gehen davon aus, dass die Rückkehr zum höheren Steuersatz ausgerechnet in der Heizsaison viele Familien empfindlich träfe. "Insbesondere Menschen mit kleinen Einkommen stellen die Energiepreise nach wie vor vor große Herausforderungen", mahnte Sozialverband-Präsidentin Verena Bentele. Vor allem für Menschen mit wenig Geld müsse es so lange Hilfen geben, bis sich die Preise wieder normalisiert hätten.
Auch die Energiewirtschaft spricht sich gegen die Verkürzung aus. Alles andere sei neben enormem Aufwand für Abrechnungen und Kommunikation für die Kunden auch kaum nachvollziehbar.
Union: Bürgerinnen und Bürger sind Leidtragende
Auch in der Opposition findet der Vorschlag wenig Zustimmung. Viele Verbraucher steckten weiterhin in Verträgen, die doppelt so teuer seien wie vor dem Ukraine-Krieg, sagte der Linken-Finanzpolitiker Christian Görke. Der Unions-Abgeordnete Johannes Steiniger kritisierte: "Nur weil die Ampel es nicht schafft, sich auf Prioritäten im Haushalt zu einigen, sollen die Bürgerinnen und Bürger nun die Leidtragenden sein."