Medikamentenmangel Apotheker wollen nationale Antibiotika-Reserve
Bundesweit fehlen derzeit Antibiotika - vor allem für Kinder ist die Versorgungslage kritisch. Der Apotherkerverband schlägt nun vor, eine nationale Reserve für die Medikamente einzurichten. Lauterbachs Pläne sieht der Verband kritisch.
Vor dem Hintergrund von Versorgungsengpässen bei Arzneimitteln insbesondere für Kinder fordert der Apothekerverband den Aufbau einer nationalen Antibiotika-Reserve. "Der Staat sollte wie beim Impfstoff feste Abnahmemengen zusagen, damit könnte der Versorgungsmangel geheilt und eine nationale Antibiotika-Reserve aufgebaut werden", sagte der Chef des Apothekerverbands Nordrhein, Thomas Preis, der "Rheinischen Post".
Zu den Plänen von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach zur Behebung der Engpässe äußerte Preis sich unterdessen skeptisch. Dass der Bund einen Versorgungsmangel bei Antibiotika für Kinder erklärt habe, zeige zwar "den Ernst der Lage", sagte Preis. Dass dadurch nun der Import von Antibiotika "in größerem Stil" aus dem Ausland möglich werde, werde jedoch "kaum nützen", da auch in anderen EU-Ländern Antibiotikasäfte für Kinder knapp seien.
Die Erlaubnis für Apotheker, nun selbst Antibiotikasäfte herzustellen, werde "wirkungslos bleiben", da Rohstoffe wie Antibiotika in Tablettenform ebenfalls knapp seien. "Der Aufwand für die Apotheker wird immer größer, alternative Präparate zu finden", sagte Preis.
Lauterbach: Probleme sind seit Jahren bekannt
"Ich muss darauf hinweisen, zehn Jahre sind diese Probleme bekannt, es ist nie viel gemacht worden", sagte Lauterbach der Nachrichtenagentur dpa. "Jetzt haben wir sehr schnell ein Gesetz durchs Kabinett gebracht, und ich bin ganz sicher, dass die Kolleginnen und Kollegen im Parlament dieses Gesetz auch schnell beschließen werden."
Das Kabinett hatte Lauterbachs sogenanntes Arzneimittel-Lieferengpassbekämpfungs- und Versorgungsverbesserungsgesetz Anfang April beschlossen. Es muss aber noch durch Bundestag und Bundesrat.
Es soll Herstellern ermöglichen, höhere Abgabepreise für Kindermedikamente in Deutschland zu verlangen, so dass sich Lieferungen nach Deutschland mehr lohnen. Bei wichtigen Medikamenten ist grundsätzlich auch eine Pflicht zur mehrmonatigen Lagerhaltung vorgesehen. Und bei Antibiotika sollen Hersteller, die Wirkstoffe in Europa produzieren, stärker zum Zug kommen.
Bundesländer ergreifen Notmaßnahmen
Die Arzneimittel-Engpässe in der Kinder- und Jugendmedizin sollen heute auch im Düsseldorfer Landtag diskutiert werden. Da die Versorgung akut gefährdet sei, müsse sich das Parlament in einer Aktuellen Stunde mit dieser Frage beschäftigen, begründen CDU und Grüne ihren Vorstoß. Es fehlten Fiebersäfte für Kinder, Antibiotika und teilweise auch Blutdruckpräparate oder Tumormedikamente, beklagen die NRW-Regierungsfraktionen in ihrem Antrag. Diese Situation habe sich deutlich zugespitzt.
Immer mehr Bundesländer ergreifen Notmaßnahmen gegen den Mangel bei Antibiotikasäften für Kinder. Nach Bremen, Bayern und Nordrhein-Westfalen hatte zuletzt auch Baden-Württemberg am Dienstag mitgeteilt, entsprechende befristete Regeln zur Abweichung vom Arzneimittelgesetz erlassen zu haben.