Nach EU-Einigung auf Asylregeln Unions-Minister fordern Kontrollen an deutscher Grenze
Die Union fordert nach der EU-Einigung auf verschärfte Asylregeln weitere Kontrollen an den EU-Binnengrenzen zur Bekämpfung illegaler Migration nach Deutschland. Die Grünen bezweifeln den Nutzen der Reform - und setzen auf Nachbesserungen.
Nachdem die Europäische Union sich auf eine Verschärfung der Asylregeln geeinigt hat, pochen die Innenminister der unionsgeführten Bundesländer weiter auf Kontrollen an der deutschen Landesgrenze. Die Bundesregierung habe es "auf EU-Ebene versäumt, den illegalen Migrationsdruck durch wirkungsvolle europäische Absprachen zu mildern", kritisierte Hessens Innenminister Peter Beuth in der "Bild"-Zeitung.
Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) sollte sich "nun nicht mehr den Forderungen nach situativen Grenzkontrollen verschließen". Die Unionsfraktion hatte im Mai gefordert, dass Faeser wegen der gestiegenen Zahl unerlaubter Einreisen an mehreren zusätzlichen Grenzabschnitten Kontrollen anordnet.
Mit Blick auf die Konferenz der Innenminister von Bund und Ländern nächste Woche erklärte Beuth weiter: "Die anhaltend hohe illegale Migration nach Deutschland macht die Einführung von zeitlich befristeten stationären und mobilen Grenzkontrollen an besonders betroffenen deutschen Binnengrenzen nach Konsultation mit den betroffenen Nachbarländern nötig."
Ähnlich äußerte sich Sachsens Innenminister Armin Schuster. Nötig seien weiterhin "temporäre lageabhängige EU-Binnengrenzkontrollen, auch an der Grenze zu Polen". Diese Kontrollen wirkten kurzfristig und könnten "ebenso kurzfristig wieder eingestellt werden, wenn der EU-Asylkompromiss wirksam wird", sagte der CDU-Politiker.
Czaja für Ausweitung sicherer Herkunftsstaaten
CDU-Generalsekretär Mario Czaja sagte den Zeitungen der Mediengruppe Bayern, mit dem Kompromiss auf EU-Ebene allein sei es nicht getan. "Es ist jetzt die Verantwortung der Bundesregierung, auch die weiteren Schritte zur Begrenzung illegaler Migration umzusetzen. Zum Beispiel bei der Ausweitung sicherer Herkunftsstaaten." Sogenannte sichere Herkunftsstaaten sind Länder, bei denen angenommen wird, dass es dort in der Regel weder politische Verfolgung noch unmenschliche Bestrafung oder Behandlung gibt. Das soll schnellere Asylentscheidungen und Abschiebungen ermöglichen.
Seit der Flüchtlingskrise von 2015 gibt es schon Grenzkontrollen zu Österreich, um aus Nachbarstaaten die Weiterreise von Migranten nach Deutschland zu verhindern. Die EU-Innenministerinnen und -minister hatten am Donnerstagabend nach schwierigen Verhandlungen in Luxemburg mehrheitlich einem Kompromiss zur Beendigung des jahrelangen Asylstreits zugestimmt. Dieser sieht unter anderem erstmals Asylverfahren an den EU-Außengrenzen sowie einen deutlich härteren Umgang mit Migranten ohne Bleibeperspektive vor.
Grüne setzen auf Nachbesserungen
Grünen-Chef Omid Nouripour verteidigte die Zustimmung der Bundesregierung zu den neuen Asylregeln, setzt aber auch auf Nachbesserungen im Europaparlament. "Das, was vereinbart worden ist, ist erst einmal eine politische Vereinbarung. Es ist nicht geltendes Recht", sagte er im ZDF. Bei der Umsetzung in Recht und Gesetz werde das Europaparlament eine gewichtige Rolle spielen.
Der Grünen-Europaabgeordnete Erik Marquardt bezweifelte in den tagesthemen, dass die geplante Reform die irreguläre Migration eindämmen wird. Wenn es große Lager an den Außengrenzen gebe, würden die Bedingungen für die Migranten dort noch schlechter. Das führe dann dazu, "dass es noch mehr Ungleichgewicht in Europa gibt, dass die Menschen Anreize haben, sich an den Außengrenzen-Staaten gar nicht zu registrieren oder sich zu melden, sondern sie werden dann Schlepper nehmen, die vielleicht direkt nach Deutschland kommen". Es sei nicht ersichtlich, was die geplante Reform verbessern werde, kritisierte Marquardt.
Scholz verteidigt Asyl-Einigung
Bundeskanzler Olaf Scholz verteidigte den europäischen Asyl-Kompromiss. Man müsse "endlich, endlich" erreichen, ein solidarisches Vorgehen in der EU zu etablieren, sagte er auf dem Evangelischen Kirchentag in Nürnberg. Diese Solidarität unter den Staaten mit gemeinsamer Verantwortung sei aus seiner Sicht "ein faireres Asylsystem als das heutige, das nicht gut ist für diejenigen, die die Fluchtrouten wählen" und "nicht gut für alle Länder, die daran beteiligt sind".
Scholz verwies erneut darauf, dass in Deutschland mehr Asylverfahren beginnen würden als in jedem Mittelmeer-Anrainerstaat - obwohl die Bundesrepublik kaum EU-Außengrenzen habe und die Menschen beim Eintritt in die EU registriert werden müssten.
Er wies zudem Kritik zurück, das Asylsystem würde durch die Neuregelungen ausgehöhlt. Man brauche Regeln und Prüfungen, wer überhaupt Schutz benötige. Denjenigen, bei denen dies nicht der Fall sei, müsse man auch sagen, dass sie wieder gehen müssten. Dies sei nötig, um das Asylrecht zu schützen, betonte Scholz. Er verwies darauf, dass Deutschland seit vielen Jahren weltweit eines der Länder mit der höchsten Zuwanderung sei.