Baerbock im Interview "Klare Haltung" im Umgang mit China
Außenministerin Baerbock setzt auf eine gemeinsame europäische China-Politik. Es gehe nicht um Abkoppelung, sondern um wirtschaftliche Sicherheit und eine klare Haltung gegenüber einem Land, das internationale Regeln selber definieren wolle.
Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) hat die Wichtigkeit der Zusammenarbeit der Europäischen Union hinsichtlich der China-Strategie betont. "Wir als Europäische Union können nur gemeinsam unsere wirtschaftlichen Interessen verteidigen", sagte Baerbock in einem Interview mit den tagesthemen. "Und das im besten Sinne mit denen, die unsere Werte teilen."
China habe den Anspruch, Weltmacht zu werden und wolle dabei die internationalen Regeln selber definieren. "Wir als Europäer müssen jetzt zusammen ausloten, was das für unsere Zusammenarbeit mit China bedeutet und wie wir aus den Fehlern der Vergangenheit - gerade auch mit dem Blick auf den russischen Angriffskrieg - lernen können", so die Außenministerin.
"Russischen Angriffskrieg klar beurteilen"
Die Ministerin kritisierte das Verhalten Pekings bezüglich des Krieges in der Ukraine: "Wir erwarten von China als Mitglied des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen, dass es den russischen Angriffskrieg klar beurteilt und alles, was es kann, dafür tut, dass es auch in Europa endlich wieder Frieden gibt. Und das man dann einem Angreifer erst recht keine Waffen liefert." Darüber werde sie genauso sprechen wie über die großen globalen Herausforderungen wie die Klimakrise. "Die können wir nur gemeinsam angehen."
Eine angekündigte China-Strategie der Bundesregierung sei "in den nächsten Monaten" zu erwarten. Sie sei Teil der nationalen Sicherheitsstrategie, "die wir als Bundesregierung gerade finalisieren." In einer globalisierten Welt "kann man sich nicht voneinander abkoppeln", so Baerbock weiter, "aber dafür braucht man auch eine klare Haltung".
"Wir haben gemeinsame Wirtschaftsregeln"
Auf die Frage, ob der französische Präsident Emmanuel Macron mit seinen Äußerungen zur China- und Taiwan-Politik für eine Spaltung gesorgt hätte, verwies Baerbock darauf, dass Macron zuletzt betont habe, dass die französische China-Politik im Einklang stehe mit der europäischen China-Politik. "Wir haben gemeinsame Wirtschaftsregeln und wir müssen diese auch gegenüber Drittstaaten deutlich machen", so Baerbock. "Erst Recht auch Ländern gegenüber wie China, die manche unserer gemeinsamen Regeln eben nicht teilen." Eine China-Politik könne nur funktionieren, wenn sie gemeinsam europäisch eingebettet ist.
Sie betonte, dass es nicht um eine Entkoppelung ginge, sondern um die eigene wirtschaftliche Sicherheit. "Wir haben aus dem russischen Angriffskrieg gelernt, dass wir uns nie wieder so abhängig machen dürfen, dass wir erpressbar sind." Das dürfe nicht noch einmal passieren, sagte Baerbock.
"Besondere Verantwortung für den Weltfrieden"
Baerbock hatte vor ihrer Abreise nach China erklärt, sie werde dem Thema Ukraine-Krieg oberste Priorität bei ihrem Besuch einräumen. Als ständiges Mitglied im UN-Sicherheitsrat trage China eine "besondere Verantwortung für den Weltfrieden", betonte die Ministerin. "Welche Rolle China mit seinem Einfluss auf Russland übernimmt, wird für ganz Europa und unsere Beziehung zu China Folgen haben", fügte die Außenministerin hinzu.
Für Freitag und Samstag sind laut Auswärtigem Amt unter anderem Gespräche Baerbocks mit dem chinesischen Außenminister Qin Gang, dem ranghohen chinesischen Außenpolitiker Wang Yi und dem stellvertretenden Staatspräsidenten Han Zheng geplant. Im Anschluss will die Ministerin am Samstag nach Südkorea weiterfliegen. Am Sonntag reist Baerbock dann noch zum Außenministertreffen der G7-Staatengruppe nach Japan.