Scholz bei Xi Vertrauensbildung und kritische Fragen
Bei ihrem Treffen in Peking rücken Scholz und Chinas Staatschef Xi die Zusammenarbeit in den Fokus. Doch auch Kritikpunkte wollte der Kanzler nicht aussparen - von denen stehen gleich mehrere auf der potenziellen Gesprächsagenda.
Bei seinem Kurzbesuch in China ist Bundeskanzler Olaf Scholz zu Gesprächen mit dem Staatschef der Volksrepublik, Xi Jinping, zusammengekommen. Scholz betonte, dass er auch kritische Fragen nicht aussparen wolle, "wo wir unterschiedliche Perspektiven verfolgen".
Der Grundtenor zum Auftakt der gemeinsamen Beratungen zielte jedoch auf Annäherung und Kooperation. Es sei gut, dass es einen "ganz intensiven Austausch" mit dem chinesischen Präsidenten geben werde, betonte Scholz. Der "Vertrauensbildung" solle dieser Austausch dienen. Die Liste des Kanzlers mit Kernthemen umfasst unter anderem den Klimawandel, die wachsende Überschuldung ärmerer Staaten und die sich verschärfende internationale Hungerkrise.
Ähnlich äußerte sich Xi: Das Treffen mit Scholz solle "Vertrauen und die Zusammenarbeit vertiefen". Eine Debatte über kritische Themen schloss Chinas Staatschef jedoch indirekt aus. Beide Seiten sollten die Grundsätze des gegenseitigen Respekts beachten, die Suche nach Gemeinsamkeiten anstreben und Differenzen außen vor lassen. Unter diesen Umständen könnten sich die Beziehungen in eine unvoreingenommene und beständige Richtung entwickeln.
Schwerpunkt Ukraine-Krieg
Im Fokus steht laut Scholz auch die russische Invasion in der Ukraine. Sein Besuch falle in eine Zeit, die "von großen Spannungen geprägt ist, ganz besonders durch den russischen Krieg gegen die Ukraine", betonte der SPD-Politiker.
Auch Xi sprach chinesischen Staatsmedien zufolge von "Zeiten der Veränderungen und des Aufruhrs", die eine engere Zusammenarbeit zwischen Deutschland und China umso wichtiger machten.
Fehlende Distanzierung zu Russland
China wird vom Westen für seine Haltung gegenüber Russland und mit Blick auf dessen Angriffskrieg gegen die Ukraine massiv kritisiert. Denn bislang hat sich die Volksrepublik nicht von Russland distanziert oder den Krieg verurteilt.
Doch auch andere Aspekte belasten das westliche Verhältnis zu China, etwa dessen militärische Drohung gegenüber Taiwan oder die Lage der Menschenrechte. Schon vor seiner Abreise hatte Scholz in der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" angekündigt, eben diese Kritikpunkte beim Treffen mit Xi ansprechen zu wollen. "Es ist klar: Wenn sich China verändert, muss sich auch unser Umgang mit China verändern", so der Kanzler.
Skepsis gegenüber engerer Kooperation
Doch auch innenpolitisch ist das deutsch-chinesische Verhältnis in den vergangenen Wochen in Deutschland zunehmend in den Fokus gerückt. Hintergrund ist die geplante Beteiligung der chinesischen Staatsreederei Cosco an einem der vier Containerterminals des Hamburger Hafens. Das Kanzleramt hat sich hinter den chinesischen Einstieg gestellt, der von anderen Parteien kritisch gesehen wird - darunter sind auch die Partner in der Ampelkoalition.
Auch in der deutschen Bevölkerung spricht sich eine Mehrheit gegen den geplanten Deal aus, wie der ARD-DeutschlandTrend ergab. Fast die Hälfte der Bürgerinnen und Bürger plädieren sogar dafür, dass Deutschland seine wirtschaftliche Zusammenarbeit mit China verringern sollte.
Scholz hingegen kündigte in Peking an, "die praktische Zusammenarbeit" mit China noch vertiefen zu wollen. Der Kanzler wird von rund einem Dutzend Topmanagern begleitet, darunter die Vorstandschefs von Volkswagen, BMW, BASF, Bayer und der Deutschen Bank. Während seines Besuches soll Scholz chinesische Unternehmensvertreter treffen.
Zeitpunkt der Reise in der Kritik
Scholz ist der erste westliche Regierungschef, der sich mit Xi nach dessen Wiederwahl zum Parteichef vor knapp zwei Wochen trifft. Der Zeitpunkt der Reise so kurz nach dem Parteitag, auf dem Xi seine Macht weiter ausbaute, ist umstritten. Chinesische Dissidenten und der Weltkongress der Uiguren forderten sogar eine Absage.
Der Generalsekretär der FDP, Bijan Djir-Sarai, drängte mit Block auf Scholz' Reise auf einen Strategiewechsel gegenüber China. Die bisherige Politik gegenüber der Volksrepublik sei nicht mehr zeitgemäß, sagte Djir-Sarai im gemeinsamen Morgenmagazin von ARD und ZDF: "China ist für uns ein sehr wichtiger Handelspartner, aber gleichzeitig ein systemischer Rivale." Zu große Abhängigkeiten wie die von russischen Energieressourcen dürfe es nicht mehr geben.
SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich hingegen verteidigte die Reise des Kanzlers und verwies auf die strikte Corona-Politik Chinas. Dadurch ergebe sich ein "Fenster der Gelegenheiten", das sich auch schnell wieder schließen könnte. Der persönliche Austausch zwischen Scholz und Xi sei aber gerade vor dem Hintergrund des Krieges gegen die Ukraine dringend notwendig, betonte Mützenich im Deutschlandfunk.
Wegen der unverändert strengen Corona-Beschränkungen in China dauert die Visite von Scholz nur elf Stunden und ist damit so kurz wie keine andere Kanzlerreise in das bevölkerungsreichste Land der Welt zuvor. Seit Beginn der Pandemie vor knapp drei Jahren ist Scholz der erste Regierungschef der Gruppe der großen Industrienationen (G7), der China wieder besucht.