Corona-Pandemie Zahl der Intensivpatienten und Todesfälle steigt
Krankenhäuser und RKI melden stark gestiegene Zahlen bei Corona-Intensivpatienten und Todesfällen. Zugleich verzeichnete die Krankenkasse KKH im ersten Halbjahr 2022 fast dreieinhalbmal so viele Infektionen wie im gesamten Vorjahr.
Sowohl die Zahl der Corona-Intensivpatienten als auch die der Todesfälle ist deutlich gestiegen. Die Krankenhäuser meldeten 1363 Corona-Patienten auf den Intensivstationen, den höchsten Stand seit Ende April. Zugleich wurden 2565 freie Intensivbetten in den personell ausgedünnten Krankenhäusern gemeldet.
Das Robert Koch-Institut registrierte 177 Todesfälle binnen eines Tages im Zusammenhang mit dem Virus. Vor einer Woche waren es 145 gewesen, am Vortag 136.
Unsicherheit gibt es weiter über die Aussagekraft der vom RKI gemeldeten Neuinfektionszahlen. Das RKI nannte die Zahl von 136.624, das sind 15.525 Fälle weniger als am Donnerstag vor einer Woche. Die Sieben-Tage-Inzidenz stieg leicht auf 740,3 von 740,1 am Vortag. Diese Zahlen haben seit dem 1. Juli aber deutlich an Aussagekraft verloren, weil die kostenlosen Bürgertests abgeschafft wurden und sich deutlich weniger Menschen testen lassen.
Die Dunkelziffer hatte das RKI schon zuvor als sehr hoch angegeben. Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hatte bereits am 16. Juli getwittert, dass die Inzidenz eher bei 1500 bis 2000 liegen dürfte. Weil schwere Erkrankungen zeitverzögert auftreten, dürfe die Zahl der Intensivpatienten deshalb weiter zunehmen.
KKH verzeichnet deutlich mehr Fälle als 2021
Auch zwei Krankenkassen meldeten für dieses Jahr hohe Corona-Infektionszahlen. Die Kaufmännische Krankenkasse (KKH) zählte im ersten Halbjahr 2022 bei ihren berufstätigen Mitgliedern rund 27.400 Fälle - das seien fast dreieinhalbmal so viele wie im gesamten Jahr 2021. Auch bei Atemwegsinfekten habe es einen Höchstwert gegeben.
Mögliche Gründe für die hohe Quote der Erkältungskrankheiten und Corona-Infektionen sind nach Ansicht von KKH-Ärztin Sonja Hermeneit die größtenteils aufgehobene Maskenpflicht und wieder mehr Begegnungen auf engerem Raum bei der Arbeit, beim Einkaufen, bei Veranstaltungen und bei gemeinsamen Aktivitäten. Auch bringe die lange Zeit des konsequenten Maskentragens und der reduzierten Kontakte im vergangenen Winter einen Nachholeffekt mit sich.
Barmer: Deutlicher Anstieg bei Krankschreibungen
Laut Daten der Krankenkasse Barmer hat sich auch der bis vor einigen Tagen anhaltende Aufwärtstrend bei den Corona-Infektionen deutlich in den Krankschreibungen gezeigt. Deren Zahl hat sich demnach in nur wenigen Wochen fast verdoppelt. Nach einem Tiefstand von 64 Arbeitsunfähigen je 10.000 Versicherten in der 22. Kalenderwoche (29. Mai bis 4. Juni) stieg die Zahl bis zur 26. Kalenderwoche (26. Juni bis 2. Juli) um fast 100 Prozent auf 123 je 10.000 Versicherte, wie das Redaktionsnetzwerk Deutschland unter Berufung auf die Daten der Krankenkasse berichtete.
In der Spitze waren dieses Jahr bis zu 235 Beschäftigte je 10.000 Barmer-Versicherte mit Anspruch auf Krankengeld wegen einer Corona-Infektion krankgeschrieben. Dies war in der 13. Kalenderwoche (27. März bis 2. April) der Fall.
Bis Ende 2021 jeder zehnte Erwachsene infiziert
Laut einer neuen Studie hatte sich bis zum Jahreswechsel 2021/22 - also etwa bis zum Beginn der Omikron-Welle - geschätzt rund jeder zehnte Erwachsene in Deutschland mit dem Coronavirus angesteckt. "Diese relativ niedrige Infektionsquote nach einer etwa zweijährigen Pandemiedauer ist als Erfolg der Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie zu werten", heißt es in einem Überblick zur Studie "Corona-Monitoring bundesweit - Welle 2". Diese wurde vom Robert Koch-Institut (RKI) und dem Sozio-oekonomischen Panel am Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung durchgeführt.
Den Autoren zufolge sprechen die Ergebnisse dafür, weiterhin einen Fokus auf die Verbesserung des Impfschutzes zu legen, insbesondere im Hinblick auf die Auffrischungsimpfungen. Die Untersuchung beruht auf einer Zufallsstichprobe, Teilnehmer ab 14 Jahren sollten hierfür eine Trockenblutprobe einschicken und wurden zum Impf- und Infektionsstatus befragt. Es beteiligten sich rund 11.160 Menschen aus 6760 Haushalten.
Der Großteil der Proben stammt aus dem November und Dezember 2021. Die Daten beziehen sich somit auf die Zeit, als die Delta-Welle am Abklingen und Omikron erst ansteigend war. Die Millionen von Infektionen, die Omikron seitdem hervorgerufen hat, sind in der Studie nicht berücksichtigt.
Wohl mehr Geimpfte als gedacht
Das RKI meldete zudem, dass laut der Studie wohl mehr Erwachsene in Deutschland geimpft sind als gedacht. Die Forschenden kamen zu der Einschätzung, dass zum Jahreswechsel 2021/22 etwa 90 Prozent der Erwachsenen mindestens einmal geimpft waren und einen weiteren Antigenkontakt durch Impfung oder Infektion hatten. Den offiziellen Meldedaten des RKI zufolge haben gegenwärtig 86,7 Prozent der Menschen ab 18 Jahren mindestens eine Impfung erhalten.
Die Studie bestätigt auch eine deutliche Untererfassung bei den Infektionen. Die Zahl der festgestellten Infektionen bei Erwachsenen war demnach - bezogen auf den gesamten Pandemiezeitraum bis Ende 2021 - etwa 1,5- bis zweimal so hoch wie in den Meldezahlen.
Das RKI räumte aber ein, dass an der Studie "eher Menschen teilgenommen haben, die geimpft sind und auch weitere Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie eher eingehalten haben als Menschen, die nicht teilgenommen haben". Es sei daher davon auszugehen, dass der Anteil Geimpfter "überschätzt" und der Anteil der Infizierten unterschätzt werde.