Länder für Energiepreisdeckel Verbände fordern schnelle Umsetzung
Die Länderchefs haben sich geeinigt: Sie wollen einen Preisdeckel für Strom, Gas und Wärme. Beschlossen ist der damit aber noch nicht. Zuspruch kommt vom Städte- und Gemeindebund. Anderen dauert die Entscheidungsfindung zu lange.
Die Forderung der Länder nach einer bundesweiten Strom- und Gaspreisbremse wird vom Deutschen Städte- und Gemeindebund unterstützt. "Eine solche Energiepreisbremse kann den Menschen, den Kommunen, aber auch der mittelständischen Wirtschaft wirklich helfen", sagte Hauptgeschäftsführer Gerd Landsberg der Düsseldorfer "Rheinischen Post". Die Politik müsse "ein starkes Signal der Zuversicht in dieser andauernden Energiekrise setzen", um nachhaltige Schäden für den Wirtschaftsstandort Deutschland abzuwenden.
Landsberg: Müssen schnell diesen Weg gehen
"Der Staat wird noch einmal viel Geld in die Hand nehmen müssen, denn dieses Instrument wird viele Milliarden Euro kosten", räumte Landsberg ein. "Dennoch müssen wir jetzt schnell diesen Weg gehen, denn die Folgen eines weiter ungebremsten Anstiegs der Energiepreise wären für die Menschen und die Wirtschaft deutlich gravierender."
Auch gehe es darum, für Menschen mit geringem oder mittlerem Einkommen die alltäglichen Auswirkungen durch die Inflation zu bekämpfen. "Wichtig ist jedoch, dass eine Energiepreisbremse alle Energieträger erfasst", hob Landsberg hervor. "Wenn ein solches Instrument wirken soll, muss es einfach und unbürokratisch umsetzbar sein, die Preise wirksam begrenzen und gleichzeitig Anreize zum Energiesparen setzen."
VdK für "bezahlbares Basiskontingent" an Gas und Strom
Der Sozialverband VdK verlangte ebenfalls schnelle Entlastungen bei den Energiekosten in Form eines Basispreises. Bund und Länder müssten sich rasch einigen, sagte VdK-Präsidentin Verena Bentele dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). "Die kalte Jahreszeit ist da, und immer mehr Menschen fürchten sich vor den hohen Gasabschlägen und Energie-Rechnungen in ihren Briefkästen, weil das Geld nicht mehr reicht", argumentierte Bentele.
Der VdK spreche sich für ein bezahlbares Basiskontingent an Gas und Strom für alle Haushalte aus, sagte Bentele. Es dürfe keine Frage der Finanzierung sein, ob bedürftige Menschen die Hilfe erhielten, "die sie so dringend brauchen".
BVMW: Keine konkrete Hilfe, keine konkrete Ansage
Der Bundesverband mittelständische Wirtschaft (BVMW) befürwortet eine bundesweite Strom- und Gaspreisbremse ebenfalls - hat aber eine schnelle Entscheidungen der Bundesregierung gefordert. Viele kleine und mittlere Betriebe "stehen mit dem Rücken zur Wand", sagte Geschäftsführer Markus Jerger der "Rheinischen Post". Aus Berlin gebe es aber "weder konkrete Hilfe noch konkrete Ansagen. Es fehlt die klare Linie", monierte Jerger. Der Unmut im Mittelstand werde "von Tag zu Tag größer".
Jerger kritisierte auch die Uneinigkeit zwischen Bund und Ländern. Die aktuelle Energiekrise und die damit verbundene Energiepreiskrise sei "die größte ökonomische Herausforderung seit Gründung der Bundesrepublik", sagte er.
Als ob die Dramatik dieser Situation und die damit verbundenen Konsequenzen noch nicht verstanden worden sind, streiten Bund und Länder um die Finanzierung von Entlastungspaketen, Ausgestaltungen von Entlastungspaketen, um das Kleingedruckte in Verträgen.
Angesichts der aktuellen Herausforderungen müssten aber "alle an einem Strang ziehen. Regierung und Opposition, Politik und Wirtschaft", forderte Jerger.
Einigung der Länder auf gemeinsame Position
Die 16 Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten der Länder hatten nach ihrem Sondertreffen vom Bund die schnelle Einführung eines umfassenden Preisdeckels für Strom, Gas und Wärme für Haushalte und Firmen gefordert. Bei der Ministerpräsidentenkonferenz (MPK) habe man das abgestimmt, erklärte der MPK-Vorsitzende und nordrhein-westfälische Ministerpräsident Hendrik Wüst.
"Es ist wichtig, dass die Bundesregierung sich jetzt zeitnah einigt", sagte der CDU-Politiker. Er forderte eine faire Lastenteilung zwischen Bund und Ländern. Die Bundesländer seien zu einer konstruktiven Zusammenarbeit mit dem Bund bereit, um die Menschen und die Wirtschaft gut durch den Winter zu bringen.
Die Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten hatten ohne den an Corona erkrankten Bundeskanzler Olaf Scholz beraten. Die große Runde mit Scholz soll am 4. Oktober nachgeholt werden.
Bund und Länder beteiligen
Bund und Länder müssten das dritte Entlastungspaket in ein Gesamtkonzept einbetten. So müsse der Bund überlegen, die Kosten für die Wohngeldreform allein zu tragen, mehr Regionalisierungsmittel im Verkehr und Anteile der Krankenhausfinanzierung zu übernehmen. Die Länder seien sich auch einig, dass nun zielgenau entlastet werden müsse und es spezifische Entlastungen für untere und mittlere Einkommen sowie kleine und mittlere Unternehmen geben müsse.
Kosten: 100 Milliarden Euro - Finanzierung: unklar
Berlins Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey bezifferte die Kosten für einen Energiepreisdeckel auf mehr als 100 Milliarden Euro. "Aller Voraussicht nach wird dies im dreistelligen Milliardenbereich liegen."
Wie künftige Entlastungen für Bürgerinnen und Bürger in der Energiekrise finanziert werden können, bleibt unter den Bundesländern aus Sicht Giffeys allerdings ein strittiges Thema. "Das ist der Punkt, an dem wir nicht ganz Einigkeit erzielen konnten", sagte sie. Insbesondere die Frage, ob über die Begrenzung der Schuldenbremse hinaus neue Kredite zur Finanzierung aufgenommen werden können, "konnten wir nicht abschließend klären", sagte Giffey. Die SPD-geführten Länder hätten dazu eine Protokollerklärung abgegeben und sich darin explizit für eine solche Möglichkeit ausgesprochen.