Sterbehilfe Ethikrat betont Bedeutung des freien Willens
Das Bundesverfassungsgericht hatte 2020 Hilfe beim Suizid für zulässig erklärt. Seitdem versucht der Gesetzgeber, dem Urteil gerecht zu werden. Jetzt hat sich der Ethikrat dazu geäußert - ohne Gesetzesvorlagen zu bewerten.
In der Debatte um eine gesetzliche Regulierung der Suizidassistenz hat der Deutsche Ethikrat die Bedeutung der freiverantwortlichen Entscheidung betont. In einer in Berlin vorgestellten Stellungnahme mahnt das 24-köpfige Expertengremium beim Gesetzgeber eine sorgfältige Abwägung von Kriterien für diese Form der Sterbehilfe an.
"Es darf nur zu einem freiverantwortlichen Suizid Hilfe geleistet werden", sagte die Ethikrat-Vorsitzende Alena Buyx. Zentral sei es daher, die Voraussetzung für solch eine freie Willensentscheidung zu klären, ergänzte der Rechtsprofessor Helmut Frister. Diese Prüfung stelle die Weichen dafür, ob das Selbstbestimmungsrecht oder der Schutz des Lebens Vorrang habe.
Der Ethikrat warnt gleichzeitig davor, so ein Verfahren zu überfrachten. Die Anforderungen an die Prüfung dürften nicht dazu führen, dass sie faktisch das Recht auf selbstbestimmtes Sterben nehmen, hieß es.
Ethikrat favorisiert keinen Gesetzentwurf
Das Bundesverfassungsgericht hatte im Februar 2020 die Hilfe beim Suizid für zulässig erklärt. Der Gesetzgeber ringt seitdem um eine Regelung, die Missbrauch ausschließt. Hinweise bekommt er nun vom Ethikrat. Konkrete Empfehlungen für oder gegen einen der bereits im Bundestag vorliegenden Gesetzentwürfe geben die Experten jedoch nicht ab.
Drei Gruppen mit Abgeordneten verschiedener Fraktionen haben dazu Vorschläge vorgelegt, die unterschiedlich weit gehen etwa bei der Frage der Prüfung und Beratungspflicht bei einem Suizidwunsch. In seiner 134-seitigen Stellungnahme vermeidet der Ethikrat eine Bewertung der vorliegenden Gesetzentwürfe, über die im Parlament bereits in erster Lesung beraten wurde.
Suizide dürfen der Gesellschaft nicht egal sein
Der Ethikrat betonte, dass freiverantwortliche Entscheidungen zum Suizid uneingeschränkt zu respektieren seien. Gleichzeitig fordert das Gremium mehr Anstrengungen im Bereich der Suizidprävention. Frister unterstrich, dass der Staat dafür Sorge tragen müsse, dass Menschen nicht in Situationen geraten, in denen sie den Tod als vermeintlich kleineres Übel dem Leben vorzuziehen.
Auch sei zu beachten, dass Suizide nie nur die jeweilige Person beträfen, sondern auch deren Umfeld. Der Respekt vor einem freiverantworteten Suizid dürfe nicht dazu führen, dass der Gesellschaft Suizide egal sind. Mehr als 9000 Menschen hatten sich 2021 das Leben genommen.
Suizidassistenz nur für Volljährige?
In einzelnen Fragen war sich der Ethikrat nicht einig. Frister erläuterte, einen Dissens gebe es darüber, ob nur Volljährige Suizidassistenz beanspruchen dürfen, ob auch einem für den Fall einer den freien Willen beeinträchtigenden Krankheit vorher festgelegten Suizidwunsch nachgekommen werden muss und wie weit eine Aufklärungspflicht gehen soll.
Aufklärung zwingend
Konsens herrsche indes darüber, dass er Aufklärung geben müsse. Die Betroffenen müssten alle für die Entscheidung wichtigen Gesichtspunkte kennen. Einigkeit besteht im Rat auch darüber, dass eine psychische Erkrankung das Recht auf Hilfe beim Suizid nicht grundsätzlich ausschließt.
Sollten Sie selbst von Selbsttötungsgedanken betroffen sein, suchen Sie sich bitte umgehend Hilfe. Bei der anonymen Telefonseelsorge finden Sie rund um die Uhr Ansprechpartner.
Telefonnummern der Telefonseelsorge: 0800/111 0 111 und 0800/111 0 222 www.telefonseelsorge.de
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